DOMRADIO.DE: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer zweiten Amtszeit.
Pfarrer Michael Mohr (Stadtdechant in Solingen): Vielen lieben Dank.
DOMRADIO.DE: Es sind schwierige Zeiten für die Kirche. Was lässt Sie in diesen Zeiten positiv nach vorne blicken?
Mohr: Wenn ich es ganz kurz sagen darf, sind es die Menschen vor Ort und die Arbeit, die ich tun darf. Denn die Zeiten sind nicht einfach. Da haben Sie völlig recht.
Es ist im Augenblick nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig als Kirchenmann unterwegs zu sein, wenn man das so sagen darf. Aber jede Taufe, auch jede Beerdigung, jede Trauung, jedes seelsorgerliche Gespräch zeigt doch, dass Kirche, dass Glaube auch weiter wichtig bleibt.
Und diese Begegnungen und auch die große Frage, wie es denn weitergeht, sind für mich jedenfalls kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.
DOMRADIO.DE: Viele Menschen wünschen sich mehr Ökumene. Was Solingen betrifft, sprechen Sie selbst von einem großen Austausch mit anderen christlichen Konfessionen, auch mit den ukrainischen Christen vor Ort. Wie wollen Sie das vertiefen?
Mohr: Wir sind als Katholiken in Solingen eher in der Diaspora, daher haben wir ohnehin sehr gute Beziehungen zu den anderen Christen, vor allem über die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Da gibt es im positiven Sinne ein "Weiter so" und ein sehr vertrauensvolles Miteinander, nicht nur von evangelischen und katholischen Christen, sondern auch mit den Freikirchen und der Heilsarmee zum Beispiel.
Und was die ukrainischen Christinnen und Christen betrifft, ist es einfach berührend, weil wir in Solingen nicht nur viele Flüchtlinge aufgenommen haben, sondern weil sich hier mit Hilfe der Gemeinschaft der Fokolarbewegung auch ein Ort gefunden hat, wo die ukrainisch-orthodoxe Kirche ihre Gottesdienste feiern kann.
Das ist nicht nur spannend zu erleben, sondern auch sehr berührend, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die um ihr Leben gefürchtet haben und deswegen aus ihrer Heimat flüchten mussten.
DOMRADIO.DE: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie jetzt, auch im Hinblick auf die Veränderungen in der pastoralen Einheit Solingen?
Mohr: Wir sind hier in Solingen in einem relativ kleinen Dekanat. Es gibt insgesamt drei Pfarreien. Die werden dann zu einer neuen pastoralen Einheit. Ich habe keine Glaskugel, aus der ich lesen kann, wie konkret die nächsten Schritte aussehen.
Wir haben ein sogenanntes Perspektiv-Gespräch Mitte Mai mit der Hauptabteilung im Erzbischöflichen Generalvikariat. Da werden wir ins Gespräch kommen und werden schauen, wo die Kontakte intensiviert werden können und wo vielleicht sogar schon Schritte möglich sind, auf Stadtebene gewisse Dinge aufzustellen?
DOMRADIO.DE: Die Situation im Erzbistum Köln bleibt angespannt. Kardinal Woelki hatte beim Papst seinen Rücktritt eingereicht. Bisher gibt es aber noch keine Antwort darauf. Wie schätzen Sie diese Situation in Ihrer neuen, alten Position ein?
Mohr: Ich finde diese Situation sehr belastend. Mir steht es nicht zu, irgendein Urteil zu fällen. Aber ich wundere mich schon, dass es keine Entscheidung aus Rom gibt, in welche Richtung auch immer. Da bin ich nicht der, der dem Papst irgendetwas vorzugeben hat. Aber ich glaube, es wäre sehr gut, wenn es zumindest eine Entscheidung gäbe, wie immer die dann auch aussehen mag.
DOMRADIO.DE: Auf was für Ihre neue Amtszeit freuen Sie sich am meisten?
Mohr: Ehrlich gesagt auf die Gestaltung der nächsten Zeit, auf die ersten Schritte der pastoralen Einheit. Ich glaube, das ist nicht nur schlimm und furchtbar.
Jede Veränderung macht Menschen auch Angst. Aber ich kenne auch viele, die sagen: "Ich bin von Grund auf Optimist und ich bin gespannt darauf. Ich freue mich darauf, was die Veränderungen auch Neues, Gutes bringen werden".
Das Interview führte Dagmar Peters.