In Augsburg ist am Donnerstagabend der Weihe des heiligen Ulrich (890-973) zum Bischof von Augsburg auf den Tag genau vor 1.100 Jahren gedacht worden. Für den feierlichen Gottesdienst im Dom hatte Papst Franziskus als Sondergesandten den Wiener Kardinal Christoph Schönborn geschickt.
In seiner Predigt verwies dieser darauf, dass es auch heute unter den Menschen viele Heilige gebe, auf die man den Blick richten sollte. Das könnten Menschen mit einer tiefen Frömmigkeit sein oder auch solche, die vorbildhaft schwierige Situationen meisterten.
Der erste Heiliggesprochene
Schönborn erinnerte daran, dass Ulrich der erste gewesen sei, den die Kirche formell heiliggesprochen habe. So sei in Augsburg 500 Jahre nach dessen Tod über die Heiligenverehrung debattiert worden. "Man wollte den Glauben an Jesus Christus wieder in die Mitte rücken." Heilige könnten jedoch nicht produziert werden, sondern "das Volk erkennt und erspürt sie".
Beim anschließenden Festakt im Goldenen Saal der Stadt bezeichnete der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, den heiligen Bischof Ulrich als ein Vorbild im Umgang mit Menschen. Nicht Ruhm sei für diesen entscheidend gewesen, sondern Verantwortung. "Es ging ihm nicht um Denkmäler, sondern er machte immer weiter." Das sollte auch für Europa heute gelten, das sich als Erfolgsmodell in den vergangenen 70 Jahren erwiesen habe, aber dessen Stabilität nun in Gefahr sei.
Das Gemeinsame zählt
"Nicht mein Ich, sondern das Gemeinsame zählt", betonte der Europapolitiker. Der heilige Ulrich habe nicht nur an sein Bistum gedacht, sondern darüber hinaus geschaut. Auch Europa sei mehr als die Summe nationaler Interessen. Die Menschen müssten zudem lernen, Europa als Schicksalsgemeinschaft zu sehen. "Wir werden ein christliches Europa nur erhalten, wenn wir Menschen haben, die sich bekennen. Das christliche Europa ist die Grundprägung unseres Kontinents – und wir sollten dieses Fundament erhalten – das wäre das, was Ulrich sich für heute wünschen würde."
Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte, der heilige Ulrich würde auch heutzutage die Menschen sicher beeindrucken. Wenn dieser sich zu Tische setzen wollte, habe er stets dafür gesorgt, dass auch die Armen im Ort mit einer Mahlzeit gestärkt worden seien. Ausdrücklich habe er Verstümmelte und Gebrechliche auf ihren Tragbahren herbeitragen lassen. "Ein Verhalten, das auch in unserer aufgeklärten und inklusiv denkenden Welt ein Alleinstellungsmerkmal wäre", gab Meier zu bedenken.
Frieden nicht selbstverständlich
Weiter ging der Bischof auf den Krieg in der Ukraine und im Heiligen Land ein. Gerade in diesen unruhigen Zeiten, lerne man wieder den Frieden als etwas nicht Selbstverständliches, sondern als etwas besonders Schützenswertes zu schätzten. Ulrich erinnere daran, dass es allein darauf ankomme, den guten Willen durch die Tat zu bezeugen. "Schön Reden ist keine Alternative zum Handeln. Worte sind wichtig, doch was zählt, ist die Tat."
Mit dem Jubiläumsjahr erinnert das Bistum Augsburg an Ulrichs Bischofsweihe vor 1.100 Jahren und seinen Tod vor 1.050 Jahren. Die Feierlichkeiten stehen unter dem Leitwort "Mit dem Ohr des Herzens" und sollen verdeutlichen, wie das Handeln des Heiligen in die heutige Zeit übersetzt werden kann. Auftakt war im Sommer 2023. Der Abschluss ist für die Ulrichswoche im Juli 2024 geplant.