SOS Rosarno setzt sich gegen Ausbeutung in der Landwirtschaft ein

Faire Orangen schmecken süßer

Auf den Orangenplantagen in Italien werden afrikanische Migranten häufig ausgebeutet. Um etwas dagegen zu tun, verkauft eine Pfarrei in Recklinghausen Orangen, die fair produziert sind. Eine Ehrenamtlerin stellt die Kampagne vor.

Autor/in:
Oliver Kelch
30 Prozent der italienischen Orangenexporte gehen nach Deutschland / © Nature's clicks (shutterstock)
30 Prozent der italienischen Orangenexporte gehen nach Deutschland / © Nature's clicks ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie muss man sich die Situation der Arbeiter in Süditalien vorstellen?

Maria Voß (Ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Pfarrei St. Antonios in Recklinghausen, zuständig für das Projekt "Süß statt bitter"): Die meisten dieser Arbeiter kommen als Migranten aus Afrika nach Süditalien, in der Regel ohne gültige Arbeitspapiere, sodass sie Arbeit annehmen müssen - zu jedem Lohn, der ihnen angeboten wird. Die meisten Anbauer von Orangen und anderen Südfrüchten sind Kleinbauern in der Region, die ihre Früchte vermarkten wollen. 

Durch die Supermarktketten entsteht ein großer Preisdruck. Das heißt, die Bauern sind teilweise gezwungen, ihre Arbeiter auszubeuten, damit sie ihre Früchte überhaupt verkaufen können. Die Arbeiter sind dann am Ende der Kette diejenigen, die am meisten unter diesem Preisdruck leiden.

Eine "Wohn"-Siedlung der Plantagenarbeiter / © Valerio Muscella/FCEI
Eine "Wohn"-Siedlung der Plantagenarbeiter / © Valerio Muscella/FCEI

DOMRADIO.DE: Wie leben die Arbeiter in Süditalien?

Voß: In der Regel leben die Arbeiter unter Plastikplanen, ungeschützt, unter hygienischen Bedingungen, die man als solche gar nicht bezeichnen kann, verdingen sich von Tag zu Tag neu. Wenn sie Glück haben, bekommen sie Arbeit, wenn sie Pech haben, eben nicht. Der Lohn deckt in der Regel kaum das, was sie Tag für Tag brauchen. Und die meisten dieser Arbeiter unterstützen ihre Familien noch in Afrika.

Maria Voß

"In der Regel leben die Arbeiter unter Plastikplanen, ungeschützt, unter hygienischen Bedingungen, die man als solche gar nicht bezeichnen kann"

DOMRADIO.DE: Der Verein SOS Rosarno setzt dem Ganzen etwas entgegen. Wie genau sieht das Konzept aus?

Voß: Die Aktion SOS Rosarno in Kalabrien versucht diesen Arbeitern zu helfen und hat eine Kooperation gegründet, bei der Arbeiter den Mindestlohn bezahlt kriegen, krankenversichert sind. Es wird auch versucht, ein Haus zu bauen oder zu unterhalten, damit die Arbeiter zumindest ein Dach über dem Kopf, ein eigenes Zimmer haben und nicht bei jedem Wetter unter Planen leben müssen.

DOMRADIO.DE: Das ist bei den Orangenbauern vor Ort nicht unbedingt gut angekommen. Gab es da Widerstand?

Voß: Die Bevölkerung Italiens hat sich sehr stark gegen die Migranten gewehrt, weil es natürlich auch zu Konflikten gekommen ist. Das sind ja alles keine Heiligen, die da kommen. Es hat also wirklich eine Jagd auf Migranten gegeben, wo einige der Migranten auch erschossen worden sind. 

Umgekehrt haben die Migranten dann auf die Bauern geschossen. Es hat also bewaffnete Konflikte gegeben. Das war schon heftig. Trotzdem versucht SOS Rosarno gerechte Löhne zu zahlen, für menschenwürdige Unterkünfte zu sorgen und das Netzwerk vermarktet direkt, unter Umgehung des Zwischenhandels. 

Das heißt, wenn ich hier eine Kiste Orangen bestelle, dann geht die Bestellung direkt an SOS Rosarno und nach der ersten Ernte Ende November geht ein Lastwagenkonvoi nach Deutschland und die Orangen werden direkt an die Besteller weitergegeben.

Maria Voß

"SOS Rosarno versucht gerechte Löhne zu zahlen, für menschenwürdige Unterkünfte zu sorgen und vermarktet direkt, unter Umgehung des Zwischenhandels."

DOMRADIO.DE: Und wie komme ich an Orangen aus fairem Anbau bei der Aktion "Süß statt bitter"?

Voß: Die Bestellung läuft über die Weltlädenbasis GmbH in Gelsenkirchen. Die Orangen können natürlich auch bei uns in Recklinghausen bestellt werden. 

Das Interview führte Oliver Kelch.

SOS Rosarno kämpft für faire Arbeitsbedingungen auf Orangen-Plantagen

"Orangen gehören zum Winter. Aus Italiens Süden kommen sie nach Deutschland. Auf Kalabriens Obstfeldern schuften rund 2.500 afrikanische Wanderarbeiter als Erntehelfer. Sie erhalten dafür nur 35-40 Euro am Tag. Kein Lohn, der für ein Leben in Würde reicht. Sie hausen in einfachen Hütten oder Zelten, ohne fließend Wasser und Strom. Die Kleinbauern wiederum können ihnen nur Billiglöhne zahlen, weil die niedrigen Preise der Supermarktketten ihnen keine andere Wahl lassen.

Die Kampage "Süß statt bitter" setzt sich für faire Arbeitsbedingungen auf süditalienischen Plantagen ein / © faire-orangen.de
Die Kampage "Süß statt bitter" setzt sich für faire Arbeitsbedingungen auf süditalienischen Plantagen ein / © faire-orangen.de
Quelle:
DR