SPD und Bischöfe: Gegen Kinderarmut angehen

Rot trifft Purpur

Die katholische Kirche und die deutsche Sozialdemokratie - ein nicht immer störungsfreies Verhältnis. Doch der amtierende Parteivorsitzende und Katholik Kurt Beck sucht den Kontakt und so trafen sich am Montag ein weiteres Mal Bischöfe und Kardinale mit Parteigranden in Berlin. Im Mittelpunkt der Gespräche, die in guter Atmosphäre stattfanden: die Familien- und Arbeitsmarktpolitik. Christoph Strack (KNA) war in Berlin nah dran und beschreibt im domradio-Interview, bei welchen Themen Nähe und bei welchen eher Distanz herrscht zwischen Rot und Purpur.

 (DR)

Erst im Januar 1958 fanden die ersten Gespräche zwischen katholischer Kirche und Sozialdemokratie statt, davor lagen lange Jahre des Schweigens. Und auch danach folgten Jahrzehnte, in denen sich vorrangig die Parteien mit dem "C" im Namen zuständig fühlten für die Belange der Kirche. Diese Zeiten sind nun schon lange vorbei. Längst sieht sich die Kirche bei Themen wie Stammzellforschung und Arbeitsmarktpolitik häufig den Grünen und der SPD näher als den Christdemokraten.

Besonders der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, versäumt es nicht, Positionen der CDU/CSU öffentlich zu verurteilen, wenn sie in seinen Augen zu sehr von den Prinzipien der katholischen Lehre abweichen. Das kann soweit führen, dass er fordert, die Parteien mögen doch bitte das "C" in Namen streichen.

Am Montag nun erörterten Mitglieder des Parteipräsidiums und der Deutschen Bischofskonferenz insbesondere die Situation von Familien mit mehreren Kindern sowie Alleinerziehenden. Beide Seiten mahnten ein weiteres Engagement im Kampf gegen Kinderarmut an. Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung ihres Vorsitzenden, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, und Vertreter des SPD-Präsidiums unter Leitung von Parteichef Kurt Beck diskutierten in dem zweistündigen Spitzengespräch auch Fragen der Sozial- und Bildungspolitik sowie die Verfolgung religiöser Minderheiten im Irak. In einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Presseerklärung wird betont, dass sich Kinderarmut auch in mangelnden Bildungschancen und fehlender gesellschaftlicher Teilhabe äußere. Skeptisch beurteilten sie Überlegungen zur Einführung eines Familiensplittings.  

Gesetzliche Mindestlöhne in der Diskussion
Beim Thema Sozialpolitik unterstrichen beide Seiten, dass Würde und Wert der Arbeit auch in der Vergütung zum Ausdruck kommen müsse.

Vertreter der Bischofskonferenz betonten aber, dass die innerkirchliche Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne noch nicht abgeschlossen sei. SPD-Vertreter hoben hervor, dass voll Erwerbstätige von ihrem Lohn angemessen leben können müssten. Thema war auch eine Einbeziehung der Pflegebranche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Sie würde die Gleichbehandlung kircheneigener Vergütungsregelungen mit Tarifverträgen erfordern.

Mit Blick auf die Familienpolitik hoben die Bischöfe den inneren Zusammenhang zwischen Ehe und Familie hervor. Zugleich forderten sie wirkliche Wahlfreiheit für Eltern zwischen Erwerbstätigkeit und Familienarbeit. Die SPD betonte, jungen Paaren müsse die Entscheidung für Kinder erleichtert werden. In der Bildungspolitik unterstrichen die Gesprächspartner die Notwendigkeit ethischer Orientierung in einer pluralen Gesellschaft. Die Bischöfe äußerten ihre Unzufriedenheit mit den Bestimmungen zum Pflichtfach Ethik in Berlin. Zur Aufnahme von Irak-Flüchtlingen erläuterten die Kirchenvertreter, dass ihre Sorge nicht nur christlichen, sondern allen verfolgten religiösen Minderheiten gelte.

An der Begegnung nahmen außer Zollitsch unter anderen auch die Kardinäle Karl Lehmann aus Mainz und Georg Sterzinsky aus Berlin sowie der Hamburger Erzbischof Werner Thissen teil. Für die SPD begleiteten Beck unter anderen sein Stellvertreter Peer Steinbrück, Präsidiumsmitglied Bärbel Dieckmann, Generalsekretär Hubertus Heil, der Europaparlamentarier Martin Schulz und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse ins Kommissariat der Deutschen Bischöfe. In unregelmäßigen Abständen gibt es Gespräche zwischen Bischofskonferenz und Parteien. Zuletzt hatten sich katholische Bischöfe und SPD-Spitze im Januar 2007 getroffen.