Erstmals haben sich die Parteispitze der Linken und führende Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zu einem Gedankenaustausch getroffen. Ein Schwerpunktthema des rund zweistündigen Gesprächs am Dienstag in der Berliner Linken-Zentrale war die Bedeutung von Kirchen und Religionsgemeinschaften für das Gemeinwesen in Deutschland, teilten beide Seiten mit.
ZdK-Präsident Alois Glück betonte nach dem Treffen im Karl-Liebknecht-Haus: "Es gehört zur politischen Kultur in einer parlamentarischen Demokratie, dass wir den Dialog mit Andersdenkenden suchen." Er verwies zudem auf den 100. Katholikentag, der 2016 in Leipzig und damit "in einer der am stärksten säkularisierten Regionen Deutschlands" stattfinde.
Linken-Chef Bernd Riexinger erklärte: "Auch wenn wir in gesellschaftspolitischen Fragen häufig anderer Meinung sind als die katholische Kirche, so erkennen wir bei allen politischen Differenzen und unterschiedlichen Anschauungen die gesellschaftsprägende Kraft der christlichen Kirchen und ihre alltägliche Arbeit an." Bei der Ablehnung von Waffengewalt und der friedlichen Lösung von Konflikten, aber auch im Einsatz für mehr soziale Gerechtigkeit gebe es Übereinstimmungen. Zugleich forderte die Linke, staatliche Unterstützungsleistungen an die Kirche zeitnah zu beenden.
Zudem erklärten beide Seiten, dass die bis 2015 geplante Regelung zur Sterbehilfe erörtert worden sei. Umstritten ist vor allem, wie restriktiv ein Gesetz hierzu ausfallen soll. Von Seiten des ZdK wurde betont, dass das Bekenntnis zum Menschenrecht auf Religionsfreiheit in Deutschland wie weltweit unerlässlich sei, ebenso die Verurteilung religionsfeindlicher Tendenzen.
Die Linke kritisiert seit Jahren besonders scharf Positionen der katholischen Kirche zu Verhütung, Zölibat und dem Umgang mit Homosexuellen. Als Papst Benedikt XVI. im September 2011 im Bundestag redete, musste er auf mehrere leere Stuhlreihen blicken, rund 50 Linken-Politiker boykottieren damals die Rede. Wegen der Kirchenferne eines Großteils der Mitglieder galt das Verhältnis bisher als sehr schwierig.
Nur eine Linken-Abgeordnete gibt im Bundestag offen an, katholisch zu sein. Hingegen sind 15 konfessionslos und 3 sind Atheisten, die meisten der 64 Abgeordneten machen keine Angaben.
Während Union und katholische Kirche seit jeher auf eine enge Beziehung zurückblicken können, näherte sich das sozialdemokratische Lager erst nach und nach der katholischen Kirche an. Im Zuge des angestrebten Wandels zur Volkspartei suchte die SPD in den 50er und 60er Jahren verstärkt die Annäherung.