Sportbischof Peters zur Entscheidung gegen Paralympics-Sieger Rehm

"Es braucht Bedingungen, die einen fairen Wettkampf ermöglichen"

Paralympics-Sieger Markus Rehm wird nicht für die Leichtathletik-Europameisterschaft in Zürich nominiert. Im Interview macht sich Sportbischof Jörg Michael Peters Gedanken über Möglichkeiten und Grenzen der Inklusion im Sport.

Markus Rehm (dpa)
Markus Rehm / ( dpa )

Paralympics-Sieger Markus Rehm ist nicht für den Weitsprung bei den Europameisterschaften in Zürich nominiert worden. Diese Entscheidung gab der Deutsche Leichtathletik-Verband in Frankfurt/Main bekannt. Rehm hatte bei den nationalen Meisterschaften in Ulm nicht nur den Titel gewonnen, sondern mit 8,24 Metern auch die Norm für die EM erfüllt. Daraufhin war eine Debatte ausgebrochen, ob die Beinprothese dem unterschenkelamputierten Leverkusener einen Vorteil verschafft.

domradio.de: Herr Weihbischof, können Sie die Entscheidung nachvollziehen?

Weihbischof Peters: Wir können ja diese biomechanischen Messungen nicht so leicht nachvollziehen. Aber dieses Urteil muss man zunächst einmal hinnehmen, bis es eine Grundsatzentscheidung gibt.

domradio.de: Sollte es denn das Ziel der Inklusion sein, dass behinderte und nichtbehinderte Sportler gegeneinander antreten können?

Weihbischof Peters: Es müssen Bedingungen gelten, die einen fairen Wettkampf ermöglichen. Das ist eine hohe Messlatte, der zu entsprechen da noch die ein oder andere Regel getroffen werden muss. Das Urteil muss zum Nachdenken anregen. Was Markus Rehm anstrebt, wird anderen Betroffenen auch eine Hilfestellung sein, sich zukünftig zu qualifizieren oder aber frühzeitig zu wissen, dass es in gewissen Wettkämpfen nicht im vollem Maße zur Inklusion kommen kann.

domradio.de: War es eine geglückte Inklusion, dass Rehm bei der Deutschen Meisterschaft antreten konnte? Oder ist die fehlende Freigabe für die Europameisterschaften ein Zeichen einer missglückten Inklusion?

Weihbischof Peters: Das Peinlichste wäre ja, wenn bei einem Wettkampf auf internationaler Ebene ein Sieg oder eine hervorragende Leistung im Nachhinein keine Anerkennung finden würde. Das würde dem Sport insgesamt schaden. Ich bin bei den Special Olympics in München gewesen und da sind z.B. Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen im Fußball gegeneinander angetreten. Und da brauchte es Beobachter, die die Leistungsfähigkeit und das Maß einer Beeinträchtigung individuell einschätzen mussten, damit ein fairer Wettkampf möglich war. Bei technischen Hilfsmitteln wie Prothesen wird man Regeln finden müssen, die einen fairen Wettkampf ermöglichen.

domradio.de: Also hat der Fall Rehm Vorbildcharakter für die Frage nach Inklusion im Sport?

Weihbischof Peters: Bei Sprintern kennen wir ja vergleichbare Fälle. Ich würde es mir wünschen, dass Inklusion so weit wie möglich realisiert wird. Inklusion ist ja nicht etwas, was großzügig und gönnerhaft ermöglich wird, sondern es bedeutet eine Recht auf gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe auch im Sport. Da sollten alle fairen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

domradio.de: Kann denn der Sport eine Vorbildrolle bei der Inklusion spielen?

Weihbischof Peters: Dort wo der Sport wirklich in einem guten Sinne verstanden wird, nämlich nicht nur im Fokus auf Leistung hin, sondern im Sinne einer Betätigung um des Menschen willen, seiner Gesundheit, einer sinnvollen Betätigung willen. Natürlich dann auch im fairen Wettkampf miteinander nicht so sehr gegeneinander, da hat der Sport eine unglaubliche Chance, die auch längst erkannt worden ist. Ich seitens der Bischofskonferenz verantwortlich für die DJK-Sportjugend. Das ist ein großer Sportverband unter dem Dach der katholischen Kirche, wo wir uns sehr bemühen, Ängste zu überwinden, Barrieren abzubauen, damit in unseren Vereinen Inklusion eine Normalität werden kann. Da sind wir schon einige Schrittet weitergekommen.


Sportbischof Jörg Michael Peters, Weihbischof in Trier / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Sportbischof Jörg Michael Peters, Weihbischof in Trier / © Elisabeth Schomaker ( KNA )