domradio.de: Sie haben in dieser Woche von den Obdachlosen in Rom erzählt, von den gründlichen Sicherheitskontrollen überall. Überall sind Taschendiebe unterwegs. Ist das eine Stadt, in der Sie leben könnten?
Schwester Katharina Hartleib (Olper Franziskanerin): Die Frage stellt sich nicht, aber mir wäre sie zu rummelig. Wenn man irgendwo in den Außenbezirken lebt und seiner Arbeit nachgeht, und vielleicht nur an einem Feiertag in die Innenstadt läuft, kann ich mir vorstellen, dass man in jeder Stadt der Welt leben kann. Wenn man die Schönheit Roms betrachtet, wäre es natürlich toll.
domradio.de: Sie haben von den Franziskanerinnen eine Zweigstelle in Rom, die sie besucht haben. Könnten Sie sich vorstellen, dort vielleicht für ein paar Jahre zu bleiben?
Schwester Katharina: Das wäre natürlich traumhaft. Aber wir haben keine Stelle in Rom frei, deswegen bleibe ich in Olpe oder dort, wohin ich versetzt werde und wo Arbeit für mich ist und der Orden mich braucht. Gestern hatte ich ein ungewöhnlich schönes Erlebnis. Ich saß vor dem Pantheon, was ein sehr belebter Platz ist.
Ich habe mich an die Seite gesetzt und auf einmal kam eine junge Frau und sagt zu mir: "Sie sind Deutsche, oder?" Ich habe geschluckt, ja gesagt und gefragt wieso. Sie sagte: "Darf ich sie etwas fragen?" Und sie fragte: "Sind Sie Klosterfrau? Warum machen Sie das und was muss man machen, um das zu werden?" Sie setzte sich neben mich und wir haben uns eine Stunde lang unterhalten. Das ist auch Rom, dass man angesprochen wird. Das hätte in einer anderen Sprache nicht funktioniert, da ich Englisch nicht sonderlich gut spreche und Italienisch gar nicht. Aber für diese Begegnung bin ich sehr dankbar.
domradio.de: Sie haben sich vermutlich immer im Habit durch die Stadt bewegt, also im traditionellen Gewand. In Rom nimmt da von keiner Notiz, oder?
Schwester Katharina: Ganz genau. Es gibt unendlich viele Ordensleute und Priester, die dort unterwegs sind. Wahrscheinlich sind alle einmal im Leben in Rom unterwegs. Da falle ich wirklich nicht auf. Mir fällt aber auf, dass es im Allgemeinen mehr asiatische Schwestern sind, die man so trifft. Davon gibt es noch viel mehr als hier in Europa.
domradio.de: Kommen Sie bei einer Sicherheitskontrolle als Nonne eigentlich schneller durch?
Schwester Katharina: Nein, überhaupt nicht. Ich finde das auch gut. Ich habe das in Assisi auch erlebt, dass man immer die Taschen und Anoraks untersucht, selbst der Rosenkranz gibt einen Piep Ton von sich. Die Leute fühlen sich dann einfach sicherer. Wenn ich die großen Massen auf dem Petersplatz sehe, kann ich mir schon vorstellen, dass es ein Problem geben würde, wenn ein Terrorist die Idee hätte, da etwas zu tun.
domradio.de: Sie waren gestern im Pantheon und haben auch etwas geschenkt bekommen.
Schwester Katharina: Ich war im Lateran, da musste ich eigentlich nicht hin, weil ich gedacht habe, dass es genug große Kirchen gibt. Dann sagte aber eine Mitschwester: "Geh da hin, denn dort war Franziskus". Dann bin ich dort hingefahren und ich sah schon von weitem eine ganz große Figurengruppe von Franziskus und seinen Brüdern. Er stand aufrecht grüßend zum Lateran hin und die Brüder erschöpft am Boden liegend. Dieses Ereignis vollzog sich im Jahr 1210, als er mit seinen ersten Brüdern zum Lateran ging, um dem Papst seine Ordensregel zu zeigen und sich von ihm bestätigen zu lassen, dass er so leben darf.
Das Verrückte war, dass die Ordensregel aus abgeschriebenen Versen aus dem Evangelium bestand. Das Spannende war, dass die Kardinäle gesagt haben: So kann man nicht leben. Dann hat der Papst gesagt, wenn man so nicht leben kann, könne man das Evangelium nicht leben. Das ist eine dieser schönen Geschichten. Er hat ihm dann später aber erlaubt, so zu leben.
Ich bin dann weiter durch die Basilika gelaufen und fand plötzlich vorne in der Apsis noch ein ganz kleines Bild mit Franziskus, direkt neben der Mutter Gottes. Dass ich das entdeckt habe, hat mir sehr gefallen. Im Laufe so einer Woche wird man aufmerksamer. Ich lese nämlich keine Reiseführer, denn da kann ich nichts mit anfangen. Ich habe mir gedacht: Lieber mit eigenen Augen und Ohren schauen, hören und wahrnehmen, das hat mich sehr erfreut.
domradio.de: Haben sie das auch mit einem Audioguide erfahren?
Schwester Katharina: Ich habe mir in der Tat einen Audioguide ausgeliehen und da ist es mir zum ersten Mal passiert, dass mir die Frau an der Kasse gesagt hat, dass es für Schwestern kostenlos sei. Ohne diesen Audioguide hätte ich wahrscheinlich auch nicht das Bild vorne in der Basilika entdeckt. Ich habe mich sehr gefreut, das Bild zu sehen, das Franziskus ganz in der Nähe Gottes dargestellt, weil er versucht hat, so zu leben wie Jesus Christus gelebt hat.
domradio.de: Sie fliegen heute zurück nach Deutschland. Hätten sie gerne noch ein paar Tage, Wochen oder Monate drangehängt?
Schwester Katharina: Auf jeden Fall. Ich habe insgesamt drei Wochen Urlaub im Jahr und das war jetzt eine Woche davon. Im August habe ich zwei Wochen, in denen ich mich um meine Mutter kümmern werde und meine Brüder zu Hause besuche, das ist auch gut. Aber diese Woche war rundum wundervoll. Man soll, wie es so schön heißt: Blumen im Sommer sammeln, damit man im Winter etwas zum Erinnern hat.
Das Gespräch führte Tobias Fricke.