Stadtdekan zu Eltz kritisiert Härte gegenüber Homosexuellen

"Im Evangelium steht von ausgefeilter Sexualmoral nichts"

Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz plädiert für eine aufgeschlossenere Haltung der Kirche und ihrer Gemeinden zu homosexuellen Menschen. Das Seelsorgliche müsse im Vordergrund stehen, das habe auch seine Haltung verändert.

 Johannes zu Eltz
 / © Angelika Zinzow (KNA)
Johannes zu Eltz / © Angelika Zinzow ( KNA )

"Lasst uns doch einfach mal auf das hören, was homosexuelle Menschen aufgrund ihrer eigenen Diskriminierungsgeschichte zu sagen haben und was sie sich wünschen", sagte zu Eltz im Interview der neuesten Ausgabe der Kirchenzeitungen der Bistümer Mainz, Limburg und Fulda (Online). "Darauf müssen wir nicht gleich mit Abwehrreflexen reagieren", forderte er.

Unbeweglichkeit der Kirche

Zu Eltz betonte: "Im Evangelium steht von unserer ausgefeilten Sexualmoral überhaupt nichts." Jesus habe sich nicht mit "Veranlagungsfragen" beschäftigt, "weil die nicht im Horizont biblischer Menschen waren". Der Apostel Paulus gehe offenbar davon aus, dass der Mensch sich immer frei zu seinen Haltungen und Handlungen entscheiden könne. "Heute wissen wir, dass der ganze Mensch von einer homosexuellen Orientierung geprägt ist und sich nicht einfach aussuchen kann, zu wem er sich hingezogen fühlt und mit wem er Partnerschaft leben möchte und kann", sagte der Stadtdekan.

Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © CarlosBarquero (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © CarlosBarquero ( shutterstock )

Mit Blick auf die katholische Lehre zur Homosexualität sagte zu Eltz: "Ich bin so in der Wolle gefärbt katholisch und hatte jahrzehntelang ungebrochenes Zutrauen zum Lehramt und zu der vom Heiligen Geist gewährleisteten Wahrheit dort, so dass es mir überhaupt nicht leichtfällt, in dieser Frage von dem abzuweichen, was meine Kirche lehrt." Der katholische Katechismus nennt Homosexualität eine "Neigung, die objektiv ungeordnet ist". Zugleich mahnt der Katechismus, homosexuellen Männern und Frauen "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen".

Die kirchliche Doktrin zur Homosexualität habe sehr großes Spaltpotenzial, sagte zu Eltz. "Sie hat nämlich schon eine große Menge von Leuten abgespalten, die die Unbeweglichkeit der Kirche just in dieser Frage zum Anlass genommen haben, sich von ihr zu trennen."

Seelsorge vor Ordnungsdenken

Der 64-jährige Geistliche unterstrich, es müsse "immer eine Priorität des Seelsorglichen vor dem Ordnungsdenken geben - in allem". Das ergebe sich aus dem Evangelium. Zu Eltz forderte Skeptiker auf, mit homosexuellen Menschen zu sprechen: "Meist ändert sich die ganze Welt durch das persönliche Kennenlernen. Man muss den Leuten, die man am liebsten verstoßen und loshaben will, das ins Gesicht sagen und in die Augen gucken. So erging es auch mir." Seine Haltung zu homosexuellen Menschen habe sich durch Begegnungen mit ihnen verändert.

Zu Eltz ist Teilnehmer der vierten Vollversammlung des Reformdialogs Synodaler Weg. Bei ihrem Treffen vom 8. bis 10. September in Frankfurt wollen die rund 230 Synodalen über zahlreiche Papiere beraten, darunter auch zur kirchlichen Sexualmoral.

Theologe: Bibel verurteilt Homosexualität nicht

Nach Ansicht des Bonner Professors für die Exegese des Alten Testamtens, Ulrich Berges, verbietet die Bibel Homosexualität nicht. Das gelte auch für Levitikus 18, 22, sagte Berges im Gespräch mit DOMRADIO.DE.

"Der Text Levitikus ist ungefähr 500 Jahre vor Christus geschrieben worden. Er bezieht sich immer auf einen Analverkehr zwischen Männern, wobei der Analverkehr immer ein Akt der Demütigung ist. Das ist also überhaupt nicht zu vergleichen mit einer freien, zwischen gleichen Partnern geschlossenen oder versprochenen Lebensbeziehung", so Berges.

Homosexuelles Paar / © LikClick (shutterstock)
Quelle:
KNA
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