Schon vor dem Inkrafttreten der "Ehe für alle" melden sich bundesweit Interessierte bei den Standesämtern. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab, liegen in vielen deutschen Großstädten Anfragen von schwulen und lesbischen Paaren vor, die eine Ehe eingehen oder ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln wollen.
Noch fehlt eine Unterschrift
Der Bundestag hatte am 30. Juni ein Gesetz beschlossen, nach dem die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird. Den Bundesrat passierte das Gesetz eine Woche später.
Noch fehlt die Unterschrift des Bundespräsidenten unter dem Gesetz. Wie das Präsidialamt mitteilte, ist der Beschluss noch nicht eingegangen. Drei Monate nach Ausfertigung soll die "Ehe für alle" inkraft treten.
Die Standesämter gehen laut epd-Umfrage davon aus, dass dies im Oktober oder November der Fall sein wird - je nachdem, wann Frank-Walter Steinmeier endgültig grünes Licht für das Gesetz gibt.
Verfassungsklage nicht ausgeschlossen
Seit 2001 konnten gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen, die der Ehe weitgehend gleichgestellt war. Was fehlte, war unter anderem aber das Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren.
Dass schwule und lesbische Paare künftig auch "richtig" heiraten könne, ist nicht unumstritten. Auch eine Verfassungsklage gegen das Gesetz ist nicht ausgeschlossen.
Interesse an "Ehe für alle" regional unterschiedlich
Während es im Berliner Bezirk Schöneberg-Tempelhof, dem Hauptstadtbezirk mit den meisten Lebenspartnerschaften, nach Auskunft des dortigen Standesamtes im Durchschnitt vier Anfragen pro Tag gibt und sich in Leipzig bis Mitte der Woche gut vier Dutzend Paare nach Eheschließung oder Umwandlung ihrer Partnerschaft erkundigt haben, gab es in Dresden und den bayerischen Städten Ansbach, Aschaffenburg und Bamberg noch gar keine Anfragen.
In Köln meldeten sich rund 30 Interessierte, in Stuttgart ein gutes Dutzend Paare, die heiraten wollen und weitere rund 20, die ihre Lebenspartnerschaft umwandeln wollen.
In Frankfurt am Main gehen nach Auskunft des dortigen Standesamt täglich Anfragen ein. Anfragen gab es auch in Hannover, Magdeburg und Saarbrücken.
Eingetragene Lebenspartnerschaft wird es nicht mehr geben
In Freiburg meldeten sich bis Ende der Woche sieben Paare. Dort überlegt nach Angaben der Stadtsprecherin ein Paar, noch vor Inkrafttreten der "Ehe für alle" eine Lebenspartnerschaft einzugehen, was danach nicht mehr möglich sein wird.
Nur bereits geschlossene Lebenspartnerschaften können nach dem Beschluss des Bundestags nach der "Ehe für alle" bestehen bleiben.
Die Hannoveraner Reinhard Lüschow und Heinz-Friedrich Harre, die am 1. August 2001 als bundesweit erstes Paar eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen waren, wollen dagegen "so schnell wie möglich ein Ehepaar werden", wie Lüschow dem epd sagte. Er ist aber auch geduldig: "Ich bin selbst Beamter, also möchte ich den Kollegen im Standesamt erstmal die Chance geben, dass da irgendwelche Verfahrensvorschriften entwickelt werden."
Wird das Personal reichen?
Übereinstimmend teilen die Standesämter tatsächlich mit, sie müssten zunächst die Ausfertigung des Gesetzes und die entsprechenden Verwaltungsvorschriften aus den Ministerien abwarten, bevor sie konkrete Angaben zu Terminen, Prozedere und Gebühren machen können.
Einige Standesämter äußerten sich besorgt, ob sie genügend Personal haben. In Berlin, wo es nach Angaben der Senatsverwaltung bereits jetzt Engpässe bei Terminen für Eheschließungen gibt, sollen unter anderem ehemalige Standesbeamte reaktiviert werden.
In Köln hieß es, man wisse auch noch nicht, ob die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ein reiner Verwaltungsakt sein solle oder eine Zeremonie erfordere. Zumindest für neue Eheschließungen ist man in München aber schon sicher: "Die Zeremonie in den Standesämtern wird exakt genauso wie bei verschiedengeschlechtlichen Brautpaaren gestaltet werden", hieß es aus der dortigen Behörde.