Steht der Papst in Argentinien auf Seiten der Opposition?

Treffen mit Linksaktivisten in Rom sorgt für Debatten

Papst Franziskus kritisiert die Politik des argentinischen Präsidenten Javier Milei. In Argentinien löst das ein großes mediales Echo aus. Inklusive harscher Kritik an Franziskus. Die Spannungen zwischen dem Papst und Milei nehmen zu.

Autor/in:
Tobias Käufer
Prozession für Papst Franziskus in Argentinien / © Mariano Campetella (KNA)
Prozession für Papst Franziskus in Argentinien / © Mariano Campetella ( KNA )

Für die argentinische Presse steht Papst Franziskus inzwischen fest im Lager der Opposition gegen Präsident Javier Milei. Franziskus habe politische Positionen übernommen, die denen der härtesten Widersacher Mileis entsprächen, schreibt die konservative "La Nacion". Die Zeitung "Clarin" kommentierte: "Der Papst schimpft über Milei". Und die linksgerichtete Zeitung "Pagina 12" schrieb: "Franziskus geißelt Javier Milei für Sparmaßnahmen und Unterdrückung".

Anlass des medialen Echos war eine Begegnung des Papstes, der selbst aus Argentinien kommt, mit Vertretern sogenannter Volksbewegungen aus Entwicklungsländern am Freitag im Vatikan. Dabei suchte vor allem der Sozialaktivist Juan Grabois, einer der prominentesten Vertreter der argentinischen Linken und "Stimme der Armen", die Nähe zum Papst. Grabois, der auch als Vertrauter der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner gilt, trug dabei sichtbar eine Kette mit einem Holzkreuz. Die Fotos von diesen Begegnungen fanden in den argentinischen Medien große Aufmerksamkeit.

Papst kritisiert Polizeigewalt gegen Proteste

Franziskus nahm dabei auch Stellung zu den jüngsten Protesten in Argentinien. Milei hatte zuletzt wegen knapper Staatskassen sein Veto gegen eine von der Opposition geforderte Rentenerhöhung eingelegt. Daraufhin kam es vor dem Kongress zu wütenden Protesten, bei denen sowohl Demonstranten wie die Polizei zu Gewalt griffen. Davon betroffen waren auch Rentner und ein junges Mädchen. Die Sicherheitskräfte setzten Pfefferspray und Tränengas ein - was der Papst mit den Worten verurteilte, die Regierung hätte besser in soziale Unterstützung investiert, statt teures Pfefferspray zu kaufen.

Javier Milei und Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Javier Milei und Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Milei gab daraufhin nach argentinischen Medienberichten seinem Umfeld die Empfehlung, auf die Kritik des Papstes nicht zu reagieren, um keine Konfrontation zu schüren. Am Samstag äußerte sich Milei dann doch: "Die beste Sozialpolitik ist ein ausgeglichener Haushalt mit sinkender Steuerbelastung und eine Geldpolitik, die der Inflation ein Ende setzt", schrieb der libertäre Präsident auf dem Portal X.

In den sozialen Netzwerken lösten die Papst-Äußerungen eine heftige Debatte aus. Milei-Anhänger warfen Franziskus vor, zur Gewalt der Linksdiktaturen in Kuba, Venezuela oder Nicaragua und den dortigen Schüssen auf Demonstranten zu schweigen, aber Tränengas-Einsätze in Argentinien zu kritisieren. Andere dankten Franziskus dafür, dass er auf die soziale Not von Rentnern und der armen Bevölkerung in seinem Heimatland eingegangen sei. Soziale Bewegungen wollen nun ihre Demonstrationen gegen die Regierung fortsetzen.

Angespanntes Verhältnis von Papst und Milei

Das Verhältnis zwischen Milei und Franziskus gilt als angespannt. Der Präsident hatte Franziskus in der Vergangenheit vorgeworfen, sich zu sehr auf die Seite der lateinamerikanischen Linksdiktaturen gestellt zu haben. Franziskus nannte Milei indirekt einen "Rattenfänger". Bei einem Besuch Mileis im Februar schien die Atmosphäre zwischen beiden Landsleuten trotzdem herzlich.

Milei regiert Argentinien seit Dezember 2022. Im Wahlkampf hatte er einen harten marktliberalen Reformkurs angekündigt, um das hochverschuldete Land aus der Wirtschaftskrise und der Hyper-Inflation zu führen. Argentinien werde vor einem sehr schweren ersten Jahr stehen; danach würden sich die Erfolge der Reformen einstellen, versprach er.

Tatsächlich gelang der Regierung eine Reduzierung der monatlichen Inflation von 25 auf zuletzt 4 Prozent; erstmals seit Jahren gab es wieder Haushaltsüberschüsse, im Energiesektor wird ein Handelsüberschuss von rund vier Milliarden Euro erwartet. Demgegenüber steht ein Anwachsen der Armutsrate von 44 auf 51 Prozent. Die Arbeitslosigkeit stieg auf über 7 Prozent. Die starken Kürzungen im Staatshaushalt führten zu Massenentlassungen und einer Rezession. Argentiniens Brutto-Inlandsprodukt schrumpfte im ersten Halbjahr 2024 um 3,4 Prozent. Für Ende 2025 prognostiziert die argentinische Regierung allerdings ein Wachstum von 5 Prozent.

Quelle:
KNA