Zu den coronabedingt eher spärlichen öffentlichen Auftritten des Bundespräsidenten im vergangenen Jahr gehörte der auf dem Kirchentag in Frankfurt.
Beim Abschlussgottesdienst war Frank-Walter Steinmeier dabei. Zuvor hatte er bereits in einer Videobotschaft die Bedeutung der Kirchen hervorgehoben. "Wir brauchen die Kirchen, wir brauchen engagierten Christinnen und Christen, gerade in dieser Zeit", sagte Steinmeier. Sie könnten dazu beitragen, Spaltungstendenzen zu begegnen.
Der Protestant hat aus seiner Kirchenmitgliedschaft nie einen Hehl gemacht. Im Gegenteil: Er war für den Kirchentag 2019 in Dortmund sogar als dessen Präsident vorgesehen. Dorthin kam er auch - allerdings als Bundespräsident.
Deutschland in schwierigen Zeiten begleiten
Zwei Jahre zuvor hatte die Bundesversammlung ihn in dieses Amt gewählt. Bereits im vergangenen Mai erklärte er nun, dass er für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident zur Verfügung stehe. Er wolle sein Land auch in der schwierigen Zeit nach der Corona-Krise begleiten, so begründete er seine Entscheidung. Trotz dreier Mitbewerber gilt seine Wahl als sicher: SPD, Grüne, FDP und die Union haben ihre Unterstützung zugesagt.
Schon als Außenminister hatte der SPD-Politiker bei einer Preisverleihung erklärt, er gebe seinen Glauben auch im Außenministerium nicht an der Garderobe ab. Dieser sei für ihn ein Kompass. Auch bei politischen Beschlüssen orientiere er sich daran. Und sicherlich hat diese Grundhaltung auch bei seiner Entscheidung für eine mögliche zweite Amtszeit eine bedeutende Rolle gespielt.
Menschen verbinden, nicht spalten
Als Bundespräsident setzte der 66-Jährige bislang wichtige Akzente: Von Beginn an legte er einen Schwerpunkt seines Engagements darauf, Risse in der Gesellschaft zu kitten. Er lud Menschen aus völlig unterschiedlichen Bereichen zu gemeinsamen Gesprächen in das Schloss Bellevue. Seit der Corona-Krise setzt er auf Streaming-Formate über die Sozialen Medien und spricht etwa via Instagram mit Pflegekräften, Ärzten, Menschen mit Behinderungen oder Studierenden.
Christen als Brückenbauer
Und immer wieder appelliert er dabei auch an die Christen: Er sieht sie als Brückenbauer zu anderen Glaubensgemeinschaften und zu Menschen ohne Religion. Steinmeier selbst sieht sich als Protestant in der Tradition seiner Eltern: Sein Vater stammt aus dem evangelisch-reformiert geprägten Lippe in Ostwestfalen, seine Mutter aus dem evangelischen Teil Schlesiens. Er kommt er aus einfachen Verhältnissen, aus einem Elternhaus "ohne Klavier und Bibliothek", wie er selbst betont.
Steinmeier machte Abitur, studierte Jura und promovierte. Mit Blick auf die von ihm mitentworfene Agenda 2010 und die Hartz-IV-Gesetze mag das Thema seiner Doktorarbeit Kritiker dieser Sozialreformen verwundern: Er schrieb über Obdachlosigkeit und das Recht auf Wohnraum. In der SPD machte er dann Karriere. Gleich zwei Mal wurde er in verschiedenen Bundesregierungen Außenminister.
Katholische Ehefrau
Seine Frau Elke Büdenbender, die in einer zweiten Amtszeit wieder als Verwaltungsrichterin in Berlin arbeitete möchte und der er vor einigen Jahren eine Niere spendete, ist katholisch. Nach der Geburt ihrer inzwischen erwachsenen Tochter gab es, so erzählen es die beiden, lange Diskussionen, wie sie nun getauft werden solle. Den Ausschlag habe ein evangelischer Pastor gegeben, der sich nach dem Umzug nach Berlin um das Paar kümmerte.
Zugleich betonen Steinmeier und seine Frau, dass sie ihre Ehe als konfessionsverbindend und nicht als konfessionsverschieden betrachten. Und so erstaunt es nicht, dass er noch im ersten Jahr als Bundespräsident zusammen mit seiner Frau 2017 zum Antrittsbesuch in den Vatikan reiste, um Papst Franziskus zu treffen.
Engagment für die Aufarbeitung von Missbrauch
Und kein Bundespräsident vor ihm beschäftigte sich so intensiv mit dem Thema Missbrauch: So zeichnete Steinmeier im vergangenen Jahr den Sprecher des Eckigen Tischs, Matthias Katsch, und Jesuitenpater Klaus Mertes mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Im Herbst betonte er nach Gesprächen im Vatikan, wie wichtig es sei, dass die Kirche sich dem Missbrauch stelle. Dies sei zuerst den Betroffenen geschuldet. Aber auch Regierung und Gesellschaft bräuchten angesichts großer Herausforderungen glaubwürdige Kirchen als Partner.