domradio.de: Wo ist das denn so - wo können es die Christen nicht wagen, Ostern zu feiern?
Prof. Heribert Hirte (Vorsitzender des Stephanuskreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion): Es gibt eine ganze Reihe von Ländern. Mit großer Sorge beobachten wir vor allem die Entwicklung im Nahen Osten. Aber auch weiter östlich in Pakistan und im Westen in Afrika, da zum Beispiel in Nigeria.
domradio.de: Ausgerechnet da, wo die Geschichte des Christentums begonnen hat, im Nahen Osten, da gibt es heute kaum noch Christen. Wie würden Sie die Entwicklung der letzten Jahre beschreiben?
Hirte: Was wir sehen, ist, dass Christen zunehmend verfolgt werden. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass sie die größte Religion stellen. Aber die Bedrohung ist radikaler als die von anderen Religionen. Damit einher geht natürlich auch ein Verlust an Freiheit in den entsprechenden Ländern. Das ist etwas, das uns als Stephanuskreis besondere Sorge macht, dass dort, wo Religion nicht geachtet wird, auch die anderen Freiheitsrechte nicht mehr bestehen, etwa die Presse- und Meinungsfreiheit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
domradio.de: Wir sehen also das Leid dieser Christen - was können wir tun?
Hirte: Wir sind als Deutsche natürlich weit weg. Was wir aber tun, ist, das Problem zu artikulieren. Denn vielen - gerade bei uns - ist gar nicht bewusst, welche Bedeutung es hat, dass man seinen Glauben in Freiheit ausüben kann.
Was wir weiter tun können, ist, in Verhandlungen und Gesprächen mit den betroffenen Ländern auf die Notwendigkeit freier Religionsausübung hinzuweisen. Etwa, dass in Schulbüchern die anderen Religionen nicht aggressiv dargestellt werden. Und wir können in Deutschland Flüchtlinge aufnehmen.
domradio.de: Sie leiten den Stephanuskreis - ein überkonfessionelles Gesprächsforum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - haben Sie da auch ganz konkrete Initiativen, Projekte zugunsten der verfolgten Christen?
Hirte: Ein Thema, das uns sehr beschäftigt, ist die Frage, wie wir in Verträgen zum Beispiel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit die Religionsfreiheit stärker artikulieren können. Dass wir zum Beispiel fordern, dass Entwicklungshilfeverträge nur mit Ländern geschlossen werden, die Religionsfreiheit gewährleisten. Ganz konkret ist ein weiteres Projekt unser Einsatz dafür, dass eine überkonfessionelle Rundfunkstation in Zentralafrika geschaffen wird. Dort sollen die Vertreter aller drei großen Religionen, die es dort gibt, ihr Verständnis von Toleranz bekannt machen.
domradio.de: Was wünschen Sie persönlich den verfolgten Christen dieser Welt zum Osterfest 2015?
Hirte: Die Kraft, auch in der Situation der Bedrohung zu ihrem Glauben zu stehen, weil auswandern keine Lösung ist. Die Möglichkeit, auch mit anderen Religionen gemeinsam in einem Land zu leben, ist für uns ein ganz wichtiges Ziel. Das wünsche ich gerade im Nahen Osten den Christen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.