Sternberg würdigt gestorbenen früheren ZdK-Präsidenten Glück

"Eine Riesenportion Zukunftsorientierung"

Er galt als katholischer Vollblutpolitiker mit seltener Vermittlungsgabe. Nun ist Alois Glück im Alter von 84 Jahren gestorben. Einer, der ihn gut kannte, ist sein Nachfolger, der ehemalige ZdK-Präsident Thomas Sternberg.

Trauer um Alois Glück / © Harald Oppitz (KNA)
Trauer um Alois Glück / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie kannten Alois Glück seit über 20 Jahren. Als was für einen Menschen würden Sie ihn bezeichnen? 

Thomas Sternberg / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Sternberg / © Harald Oppitz ( KNA )

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU-Politiker und von 2015 bis 2021 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken / ZdK): Zunächst möchte ich seiner Frau und seinen Kindern meine Anteilnahme zum Ausdruck bringen.

Ich habe Alois Glück als einen außerordentlich klugen, sehr überlegten und überlegt handelnden Menschen kennengelernt, der übrigens eine große persönliche Frömmigkeit und Freundlichkeit mit der politischen Arbeit aus christlichem Geist heraus zu verbinden wusste. 

DOMRADIO.DE: Er kam aus der Politik und wurde dort als "wandelnder Vermittlungsausschuss" bezeichnet. Was für Brücken hat Alois Glück als Politiker gebaut? 

Sternberg: Alois Glück konnte durch sein Wesen und durch großes Verhandlungsgeschick sehr verschiedene Positionen vermitteln.

Man kann das daran sehen, dass er von dem bayerischen Ministerpräsidenten lange nach seinem Ausscheiden gebeten worden war, die Ergebnisse des Volksbegehrens zum Bienenschutz in Bayern zu moderieren. Er hat es damals geschafft, Stellungnahmen zu formulieren, die die Positionen vom BUND und NABU bis zu den Bauernverbänden und Imkerverbänden umfassten. 

DOMRADIO.DE: Welche Schwerpunkte hatte er noch in der Politik? 

Sternberg: Die Umweltpolitik war immer ein großes Anliegen und alles, was mit dem Thema Lebensschutz zu tun hatte. Er hat sich für den Schutz des ungeborenen Lebens im Sinne der Beratungsstellen in Deutschland eingesetzt, indem er den Landesverband Donum Vitae Bayern mitgründete. Er war auch bei den ganzen Streitigkeiten mit den Bischöfen, damals noch mit Kardinal Ratzinger, dabei und hat Gespräche geführt. 

Thomas Sternberg

"Die Umweltpolitik war immer ein großes Anliegen und alles, was mit dem Thema Lebensschutz zu tun hatte."

Er hat sich ganz massiv für das Thema Hospiz eingesetzt, nicht nur politisch, sondern er hat den Landesverband auch geleitet. Die Hospizarbeit war ein großes Thema und die Inklusion.

Als ich mal im Zentralkomitee ein Papier zur Inklusion machte, merkte ich, dass da jemand mit großer politischer Erfahrung und Kenntnis, aber auch mit persönlicher Betroffenheit gesprochen hat. Er hat nämlich einen schwerbehinderten Sohn. 

Alois Glück als ZdK-Präsident 2015 bei der Herbstvollversammlung in Bonn / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Alois Glück als ZdK-Präsident 2015 bei der Herbstvollversammlung in Bonn / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

DOMRADIO.DE: 2009 bis 2015 war Alois Glück Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Diese Zeit wurde von der Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland, aber auch von wachsenden Spannungen zwischen Laien und Vertretern der Amtskirche geprägt. Welche Schwerpunkte legte Alois Glück in dieser Amtszeit als Präsident? 

Sternberg: Er war damals ein absoluter Glücksfall für die katholische Kirche in Deutschland, weil Alois Glück es immer verstanden hat, kritisch loyal zu arbeiten. Er hat eine kritische Loyalität mit durchaus deutlichen Anfragen und Auseinandersetzungen mit Bischöfen und deren Apparaten, aber andererseits einer ganz fraglosen klaren Liebe zur Kirche, die er nie in Frage gestellt hat. 

DOMRADIO.DE: Die Anzahl konfessionsloser Parlamentarier in Deutschland nimmt zu. Wie macht es sich im politischen Betrieb bemerkbar, dass diese katholischen Vollblutpolitiker weniger werden? 

Sternberg: Ich bin nicht sicher, dass es so viel weniger werden. Denn wenn ich in den Bundestag sehe, gibt es da immer noch übergreifende Vereinbarungen zu wichtigen Fragen, etwa dem Lebensschutz, aber auch anderen sozialen Themen, bei denen man feststellt, dass die christlich engagierten Politikerinnen und Politikern doch zusammenarbeiten.

Andererseits ist das politische Mandat und die politische Kenntnis auch eine wichtige Voraussetzung, um als ZdK im Sinne einer Vermittlung gesellschaftlicher Positionen zu arbeiten. Insofern brachte Alois Glück eine Riesenportion Kenntnis, eine Riesenportion Zukunftsorientierung, alternatives Denken und natürlich auch eine Menge politischer Erfahrung mit, obwohl er immer extrem bescheiden aufgetreten ist. Er wusste, wie man mit der Presse und mit der Öffentlichkeit, mit politischen Freunden und Feinden umgeht. 

Thomas Sternberg

"Ich habe ihn auch gerne angerufen und mich von ihm beraten lassen, weil ich seinen Rat außerordentlich schätzte."

DOMRADIO.DE: Bayer, Politiker, Katholik. Was kann man denn von Menschen wie Alois Glück heute noch lernen? 

Sternberg: Ich hab von Alois Glück sehr viel gelernt. Ich habe ihn auch gerne angerufen und mich von ihm beraten lassen, weil ich seinen Rat außerordentlich schätzte. Man kann von ihm lernen, dass man unabhängig von den Vorgaben einer manchmal sehr zeitgeistigen aktuellen Debatte über das nachdenkt, was wirklich gesellschaftlich notwendig ist, um einen Sozialstaat weiterzuführen und um die Prinzipien seines Weltbildes in eine Gegenwart und in die Zukunft zu führen.

Das mit einer Ruhe und Muße zu tun, ohne dass man in die Hektik und in die Begrifflichkeiten einer teilweise nur noch modischen Öffentlichkeit gerät, habe ich an ihm sehr geschätzt. Er war immer in der Lage, solche politischen Fragen zu analysieren.

Er hat das in der Regel übrigens auch schriftlich gefasst und immer wieder auch seine Freunde mit Positionspapieren und Überlegungen überrascht, die immer deutlich weiter führten als das, was man normalerweise im täglichen Lesefutter von Social Media oder in den Medien findet.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist das höchste repräsentative Gremium des deutschen Laien-Katholizismus. Es vertritt die katholischen Laien bei der gesellschaftlichen Meinungsbildung und ist das von der Bischofskonferenz anerkannte Organ zur Koordinierung des Laienengagements in der Kirche. Allerdings melden sich immer wieder auch einige katholische Laien und Vereinigungen zu Wort, die das ZdK nicht als ihre Vertretung verstehen.

Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)  / © Harald Oppitz (KNA)
Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR