Bald wird in Deutschlands Straßen wieder dem Stern gefolgt. Wie in jedem Jahr ziehen Anfang Januar Kinder und Jugendliche bei der Aktion Dreikönigssingen von Haus zu Haus und sammeln Spenden für Kinder in Not.
Nach coronabedingten Einschränkungen und verhältnismäßig geringen Spendeneinnahmen in den Jahren 2021 und 2022 kamen bei der vom Hilfswerk "Die Sternsinger" und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) gemeinsam organisierten Sozialaktion zuletzt wieder über 45 Millionen Euro für das Partnerland Indonesien zusammen.
"Gemeinsam für unsere Erde"
Es hat sich in den vergangenen Jahren durchgesetzt, dass schon beim jeweiligen Jahresmotto Beispielland oder -region immer in den globalen Kontext gesetzt werden. "Gemeinsam für unsere Erde - in Amazonien und weltweit" lautet denn auch der Wahlspruch für die kommende Aktion.
Nachvollziehbar soll damit gemacht werden, dass eine Verbindung besteht zwischen den Kindern in Deutschland und denen der anderen Seite des Globus, für die die Sternsinger mit der Spendendose an Haustüren klingeln.
Erscheinen diese Verbindungen manchmal auch gerade für das kindliche Verständnis als etwas abstrakt, sind sie doch für das kommende Jahr eindeutig wie selten: Der Erhalt des intakten Amazonas-Regenwaldes, der derzeit größten "grünen Lunge" der Erde, ist eine zentrale Maßnahme zur Bekämpfung des Klimawandels.
Der Wald im Amazonas-Becken gehört zu den wichtigsten Kohlenstoffspeichern der Welt und trägt damit zur Entlastung der Atmosphäre bei.
Warnungen von Umweltforschern
Doch verschwinden – wie hinlänglich bekannt ist – jedes Jahr mehrere Zehntausend Quadratkilometer der Waldfläche, womit auch die Speicherfähigkeit des Waldes abnimmt. Umweltforscher warnten zuletzt davor, dass der Amazonas-Regenwald kurz davor steht umzukippen, also selbst mehr Kohlenstoff zu produzieren, als er gleichzeitig speichern kann. Für das Weltklima wären die Folgen fatal. Es geht nicht nur darum, den Kindern im Partnerland zu helfen; die Sternsinger sammeln auch zum Schutz ihrer eigenen Zukunft.
Gleichzeitig zeigt Amazonien auch vielleicht deutlicher als sonst irgendwo auf der Welt, wie eng Umweltschutz und Menschenrechte miteinander verwoben sind. Denn neben seiner Artenvielfalt bietet der Regenwald auch Lebensraum für Menschen indigener Herkunft. Rund 400 verschiedene Ethnien bewohnen und schützen nach Angaben der "Sternsinger" das fragile Ökosystem.
Auswirkungen der Bolsonaro-Jahre
Ihre Heimat wird bedroht, ebenso wie ihre Rechte. In Brasilien meldete der katholische Indigenen-Missionsrat Cimi für die vergangenen Jahre unter der Regierung des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro (2019-2022) einen massiven Anstieg an Anfeindungen. Insgesamt 158 Konflikte um indigenes Land seien alleine für 2022 registriert worden, 2019 seien es noch 35 Fälle gewesen.
Staatliche Schutzmaßnahmen wurden zurückgefahren, Schmuggler und Drogenbanden setzten sich in den Gebieten fest.
Niederschmetternd auch das Schicksal indigener Kinder: Allein 2022 starben 835, im Vorjahr sogar 917 Kleinkinder unter vier Jahren; für die gesamte Bolsonaro-Ära verzeichnet der Bericht 3.552 Kinder dieser Altersgruppe, die an Krankheiten und Mangelernährung gestorben sind.
Region in der Krise
Zwar stellt sich der seit Januar amtierende linke Präsident Luiz Inacio "Lula" da Silva wieder öffentlich auf die Seite der Minderheiten Amazoniens, und auch das Oberste Gericht des Landes stärkte zuletzt ihre Rechte gegen Wirtschaftsinteressen. Doch sind über 60 Prozent der Prozesse um die Rückgabe von Gebieten an Indigene bislang noch nicht abgeschlossen, das Ergebnis offen.
Brasilien ist zudem nur eines, wenn auch das größte Land der Amazonas-Region. Auch in Peru und Kolumbien zeigen sich ähnliche Probleme die indigene Bevölkerung betreffend. Das Dreiländereck steht dabei im Zentrum der kommenden Aktion.
Unterstützt werden sollen dort von einer Partnerorganisation ausgerichtete Seminare für Kinder, "Lebendige Klassenzimmer" genannt. Dabei geht es vor allem darum, den Kindern die indigene Kultur sowie das Leben im Einklang mit der Natur nahezubringen.
Region in Amazonas-Synode im Blickpunkt
Dass Amazonien eine der Regionen ist, an der sich das zukünftige Schicksal der Welt entscheiden könnte, ist gerade innerhalb der katholischen Kirche eine oft wiederholte Botschaft geworden. Der südamerikanische Papst Franziskus rückte den Regenwald und die Menschen, die ihn bewohnen spätestens mit der Amazonas-Synode 2019 verstärkt ins Zentrum der weltkirchlichen Aufmerksamkeit.
Die Schöpfung zu bewahren und gleichzeitig von den Indigenen zu lernen, sei die wichtige Botschaft der Sternsinger, erklärte der deutsche Weltkirche-Bischof Bertram Maier im Grußwort zur kommenden Aktion. "Es liegt demnach in unserem ureigenen Interesse, diese Welt als unsere Lebensgrundlage zu respektieren und uns für deren Erhalt einzusetzen."