"Die Strukturen und Mechanismen, die den Missbrauch in der katholischen Kirche ermöglicht und ihn geduldet haben, sind immer noch nicht geknackt", sagte Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken /ZdK), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). "Ich bin zwar froh, dass die jüngste, dritte Synodalversammlung Anfang Februar den Weg zu substanziellen Veränderungen mit großer Mehrheit geebnet hat. Aber das Risiko ist ebenfalls hoch: Wenn wir nicht Entscheidendes verändern, wächst die Frustration, und weitere Menschen treibt es aus der Kirche."
Zu lange gebraucht
Stetter-Karp blickte selbstkritisch auf die eigene Organisation: "In Sachen Missbrauch haben wir zu lange gebraucht, die Betroffenen als eigenständige Akteurinnen und Akteure ernst zu nehmen. Man hätte sie von Anfang an an den Gesprächsprozessen beteiligen müssen", sagte sie. Ein System von innen heraus zu reformieren, sei grundsätzlich nicht einfach. "Aber die Krise hilft uns jetzt, die wunden Punkte klar zu benennen. Am Ende muss die Frage beantwortet sein: Wie gelingt es, dass sich Missbrauch und Führungsversagen in diesem Umfang nicht wieder ereignen können?"
Austritt nach massiven Enttäuschungen
Forderungen nach mehr Verantwortung für Frauen in der katholischen Kirche seien längst keine mehr ausschließlich der jüngeren Generation, so Stetter-Karp. "Die Diskriminierung, also die Exklusion von Frauen, wird längst von vielen der älteren Katholikinnen nicht mehr mitgetragen. Das lässt sich an den Statistiken zu Kirchenaustritten glasklar ablesen. Ein Austritt steht am Ende eines Prozesses massiver Enttäuschungen. Es geht an unsere Substanz."
Nicht alle Hindernisse für Reformen ließen sich im Vatikan verorten, betonte die ZdK-Präsidentin. "In der Frauenfrage kommen wir nicht an Rom vorbei, das stimmt. Aber die Grundordnung kirchlicher Dienste, Präventionsregelungen oder die Segnung sich liebender Paare - da müssen wir in Deutschland sichtbare und spürbare Veränderungen voranbringen, da sind wir als Ortskirche gefragt. In der Frauenfrage natürlich auch – im Gespräch mit Rom. Ich lasse da nicht locker."