Eine theologische Betrachtung zu Allerheiligen

Stille Nachfolger

Heilige – die Kirchengeschichte kennt viele von ihnen. Noch viel größer ist die Schar jener "Heiligen", die unbemerkt ihren Weg mit Gott gegangen sind. Was heißt eigentlich heilig sein? Und wie kann das gelingen?

Symbolbild Gebet, zu Hause / © PUWADON SANG (shutterstock)
Symbolbild Gebet, zu Hause / © PUWADON SANG ( shutterstock )

Ein bisschen kurios ist es schon, was man in mancher Kirche so beobachten kann: Damit ist nicht das gemeint, was sich in der Liturgie abspielt, sondern vielmehr die Ausstattung der Kirche. Viele Gotteshäuser sind reich mit Bildern und Figuren geschmückt, die so manchen Heiligen aus der langen Kirchengeschichte darstellen. Und häufig ist es interessant, diese Figuren einmal etwas genauer zu betrachten.

Ein zunehmend fremder Begriff 

Da sieht man zum Beispiel eine Muttergottes mit einem nicht ganz so freudigen Gesichtsausdruck. Oder man trifft auf einen Heiligen, der sich mit einer Kurbel in der Hand die Eingeweide aus dem Leib zieht. Oder man entdeckt Figuren, bei denen man auf den ersten Blick gar nicht weiß, wer das sein soll. Nicht immer sind die Attribute eindeutig. Und so könnte mancher Benedikt auch ein Dominikus sein – oder ein anderer Bischof.

Heiligkeit ist ein Thema, das vielen Menschen heute zunehmend fremd vorkommt. Das verwundert nicht, wenn man immer neu mit so vielen Kuriositäten konfrontiert wird, die der Heiligenkalender bereithält. Da stellt sich vielen die Frage, was Heiligkeit überhaupt bedeutet und ob sie immer an grausame Todesarten geknüpft sein muss. Und es drängt sich ein anderes Thema auf: nämlich, ob Heiligkeit einen Menschen auf einen hohen Sockel stellt.

Viele unbekannte Heilige

Wenn wir an heilige Menschen denken oder über sie reden, dann kommen uns oft die Heiligenfiguren in den Sinn, die wir aus unseren Kirchen kennen. Und wer einen Heiligen nennen soll, dem fallen vielleicht große Namen ein: Maria und Josef, Franziskus, Antonius und so weiter. Doch es gibt noch viele andere Menschen, die ein heiligmäßiges Leben geführt haben, von denen wir nicht wissen, wie sie ausgesehen haben oder welchen Namen sie trugen.

Allerheiligen ist das Fest, an dem wir an sie denken: an die ungezählten heiligen Frauen und Männer, die niemals Eingang in den offiziellen Heiligenkalender der Kirche gefunden haben. An jene Menschen, die still das Evangelium gelebt haben, die auf ihre Art und Weise Jesus nachgefolgt sind.

Heilig sein – was heißt das eigentlich?

Heiligkeit hat nichts mit Kuriosität oder gar Prominenz zu tun. Ein heiliges Leben führt nicht nur derjenige, der sich im Großen für das Evangelium einsetzt. Die Heiligkeit zu erlangen, das ist vielmehr jedem Einzelnen von uns aufgetragen. "Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig", soll Mose im Auftrag Gottes dem Volk Israel sagen (Lev 19,2). Weil Gott heilig ist, deswegen sollen es auch die Menschen sein, die an ihn glauben und aus diesem Glauben ihr Leben gestalten.

Sie alle sind "eine heilige Priesterschaft", wie es der erste Petrusbrief (2,5) formuliert. Heilige Menschen sollen wir sein - das ist der Anspruch, der an jeden Einzelnen gestellt wird. Gott ist heilig, und auch wir sollen heilig sein, um ihn in dieser Welt erfahrbar zu machen.

Heiliges Leben führen wie?

Wie aber kann das gelingen, ein heiliges Leben zu führen? Der heilige Augustinus hat einmal gesagt: "Liebe, und dann tu, was du willst". Das ist ein wichtiger Gedanke. Denn er greift das auf, was Jesus zur Mitte des ganzen Gesetzes gemacht hat: die Gottes- und Nächstenliebe. Auf sie hin sind alle Gebote ausgerichtet, an ihr hängt letztendlich das ganze Evangelium. Und wer seinem Nächsten Liebe erweist, der weist auf Gottes Liebe hin, die uns allen geschenkt ist, die wir seine Kinder sind.

Da wir seine Abbilder sind, ist uns auch ans Herz gelegt, ihm ähnlich zu werden in der Liebe, die er selbst ist. So zu leben, ist ein Anfang der Heiligkeit: Jeder, der so lebt, wie Gott ist, "heiligt sich, so wie er heilig ist" (1 Joh 3,3).

"Mittelschicht der Heiligkeit"

Es gibt sie, die großen Heiligen, deren Namen und Lebensgeschichte schon die Kleinsten kennen. Aber es gibt auch jene "Mittelschicht der Heiligkeit", über die Papst Franziskus schreibt: "Es gefällt mir, die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männer und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln." Auf diese Art heilig zu leben, das ist der Lebensauftrag für jede Christin und jeden Christen.

Von Fabian Brand 


Quelle:
KNA
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