Straßburg stärkt Recht auf Religionsausübung

Kritik am belgischen Staat

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Recht auf Religionsausübung gestärkt und mehreren Gemeinschaften der Zeugen Jehovas in Belgien Steuerprivilegien zugesprochen. Im Urteil wird Kritik am belgischen Staat geübt.

Ein Kreuz hinter Stacheldraht (Symbolbild für Religionsfreiheit) / © Dundanim (shutterstock)
Ein Kreuz hinter Stacheldraht (Symbolbild für Religionsfreiheit) / © Dundanim ( shutterstock )

Um in Belgien als Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt zu werden, gebe es kein transparentes, rechtssicheres Verfahren.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) überwacht und schützt die in der Europäischen Menschenrechtskonvention zusammengefassten Grundrechte. Dazu zählen der Schutz des Lebens, Folterverbot, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, Religions- und Gewissensfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Achtung des Privatlebens, das Diskriminierungsverbot sowie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.

Richterin Angelika Nussberger (M) am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg / © Jean-Francois Badias (dpa)
Richterin Angelika Nussberger (M) am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg / © Jean-Francois Badias ( dpa )

Im konkreten Fall ging es um Steuererleichterungen für neun Gruppen der Zeugen Jehovas im Großraum Brüssel. Bis zu einer Gesetzesreform hatten sie für ihre Gottesdienst- und Versammlungsräume keine Immobiliensteuer zahlen müssen, weil Religionsgemeinschaften davon befreit sind.

Ab 2018 war dieses Steuerprivileg nur noch staatlich anerkannten Religionen gewährt worden. Das belgische Verfassungsgericht wies eine Klage der Zeugen Jehovas gegen die Neuregelung als unbegründet ab.

Richterliche Kritik

Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg gab den Religionsgemeinschaften jetzt aber Recht. Die Steuerlast könne die allein durch Spenden finanzierten Gruppen in finanzielle Schwierigkeiten bringen und damit das Recht auf Religionsausübung gefährden. Laut Gericht geht es um eine jährliche Steuerlast von rund 42.000 Euro.

Mit scharfen Worten kritisierte der Gerichtshof das belgische Verfahren zur staatlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften. Es hänge wesentlich vom Urteil des Justizministers ab und sei nicht objektiv. Religionsgemeinschaften drohten dabei willkürlich behandelt zu werden.

Die Straßburger Richter verwiesen auch auf überlange Verfahrensdauern. So hätten die belgischen Behörden noch immer nicht über entsprechende Anträge von Buddhisten und Hindus entschieden, die diese 2006 und 2013 stellten. In Belgien sind nur katholische und evangelische Kirche, Judentum, Islam und orthodoxe Kirche offiziell anerkannt.

Quelle:
KNA