Im besten Fall arbeiten sie zum Beispiel mit staatlichen Einrichtungen zusammen und werben für die Einhaltung von Maßnahmen, wie eine am Dienstag in Stuttgart veröffentlichte Studie von Forschenden aus Münster, Leipzig und Regensburg aufzeigt.
Im schlimmsten Fall hielten sie sich nicht an die Regeln und träten im Widerstand dazu auf. Die Untersuchung wurde vom Außenministerium finanziert und soll deutschen Diplomaten weltweit Empfehlungen an die Hand geben.
Negativer Wahrnehmung etwas entgegensetzen
Religiöse Super-Spreader-Ereignisse seien durch die Medien gegangen, sagte die Münsteraner Politikwissenschaftlerin Carolin Hillenbrand der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Als Beispiele nannte sie Corona-Ausbrüche in einer Kirchengemeinde in Südkorea, nach religiösen Praktiken im Iran, aber auch in einer Baptistengemeinde in Frankfurt.
"Wenn Religion wahrgenommen wurde, dann oftmals in diesem negativen Licht." Diesen Blick hätten die Forschenden weiten wollen.
Untersuchung dreier Ebenen
In ihrer Untersuchung unterscheiden sie drei Ebenen, auf denen sich religiöse Akteure während einer globalen Gesundheitskrise einbringen: im Verhältnis zwischen Religion und Staat, innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaften und auf der Ebene des einzelnen Gläubigen.
Wenn es um die Ebene der Religionsgemeinschaften geht, befolgen die religiösen Akteure laut Studie im besten Fall Hygienekonzepte, tragen zur medizinischen Aufklärung bei und wirken Verschwörungserzählungen entgegen. Im schlechtesten Fall wiesen sie wissenschaftliche Erkenntnisse zurück und verbreiteten selbst Verschwörungserzählungen.
Unterstützung nach Anlaufschwierigkeiten
Dem einzelnen Gläubigen könnten Religionsvertreter im besten Fall helfen, mit Unsicherheiten und Stress besser umzugehen. Im schlimmsten Fall verstärkten sie während der Krise das Gefühl von Angst und Hilflosigkeit.
Nach einigen Startschwierigkeiten leisteten Christen, Juden, Muslime, Hindus und Buddhisten weltweit wertvolle Beiträge, um den Virus einzudämmen, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Allerdings stellten radikale und fundamentalistische Gruppen ein dauerhaftes Risiko dar, wenn sie sich wissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich verschließen.
Religionen und Politik sollen gemeinsam Ziele festlegen
Bei Gesundheitskrisen sollte die Politik religiöse Akteure möglichst förderlich einbinden, so die Studienautoren. Sie legten Handlungsempfehlungen vor, die unter anderem in deutschen Botschaften weltweit verteilt werden.
So sollen die Diplomaten religiöse Akteure möglichst früh an einen Tisch holen, gemeinsame Ziele vereinbaren und Verantwortlichkeiten festschreiben.
An der Studie Beteiligte
Für ihre Untersuchung werteten die Forschenden eine Online-Befragung sowie Berichte über die Corona-Krise weltweit aus. Sie führten zudem Experteninterviews und hielten Workshops ab.
Neben Hillenbrand vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Universität Münster waren der Leipziger Religionssoziologe Alexander Yendell und der Regensburger Politikwissenschaftler Oliver Hidalgo federführend an der Studie beteiligt.
Sie ist am Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Stuttgart im Rahmen des Forschungsprogramms "Kultur und Außenpolitik" entstanden, das vom Auswärtigen Amt finanziert wird.