Über sozialpolitische Maßnahmen während der Pandemie hinaus müssten EU und Regierungen mehr tun, um die strukturellen Ursachen von Armut und Ungleichheit zu überwinden, heißt es in einem am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Papier der EU-Bischofskommission COMECE. In den vergangenen zehn Jahren seien immer mehr Menschen trotz Erwerbstätigkeit in Armut geraten. Viele Beschäftigte arbeiteten unter menschenunwürdigen Bedingungen.
COMECE besorgt über Entwicklung
Das Ziel des EU-Programms Europa 2020, insgesamt 20 Millionen Bürgern aus der Armut zu helfen, sei nicht erreicht. Zwar habe die Corona-Krise nicht zu einer Armutsexplosion geführt; es lasse sich aber eine Vervielfältigung prekärer Situationen beobachten. Besorgt äußerte sich die COMECE vor allem über den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit von 15,2 auf 17,3 Prozent binnen zwei Jahren bis Mai 2021. Auch Obdachlose, von informeller Beschäftigung abhängige Personen sowie Mütter und Alleinerziehende ständen vor besonderen Härten.
Die Bischofskommission verwies auf die 2017 beschlossene Initiative der "Europäischen Säule sozialer Rechte", die Chancengleichheit und soziale Inklusion zu Prioritäten erklärt, und auf den am 4. März verabschiedeten Aktionsplan der EU-Kommission mit dem Ziel, die Zahl der von Armut bedrohten Menschen bis 2030 um 15 Millionen zu senken, davon mindestens 5 Millionen Kinder.
Forderung nach besserer Sozialpolitik
Die Vorhaben seien indessen nicht ambitioniert genug, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen; diese sehen bis 2030 eine Reduzierung des Bevölkerungsanteils in Armut um die Hälfte vor. Weiter verlangte die COMECE, Sozialpolitik nicht nur für, sondern mit den Armen zu machen. Zudem dürfe die Armutsfrage nicht auf den finanziellen Aspekt verengt werden, sondern verlange einen ganzheitlichen Ansatz.
Es müsse mehr getan werden, um neue Formen der Armut festzustellen und "kreative Lösungen für die strukturellen Ursachen der Armut zu fördern", sagte der Vorsitzende des COMECE-Sozialausschusses, Antoine Herouard. Die Maßnahmen sollten darauf zielen, wirtschaftliche, soziale und politische Teilhabe zu fördern. Unter Beispielen für bewährte Praktiken verwies die Stellungnahme auch auf das Engagement der katholischen Caritas-Organisationen in den einzelnen EU-Staaten.