Studie soll Missbrauchsfälle in Italiens Kirche analysieren

Zähe Aufarbeitung

Immer und immer wieder wurde eine Studie über sexuellen Missbrauch durch Geistliche in der katholischen Kirche in Italien angekündigt. Nun soll sie mit bekannten Daten angegangen werden. Das Ergebnis soll bis Ende 2025 vorliegen.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Blick auf den Piazza del Plebiscito in Neapel / © F8 studio (shutterstock)
Blick auf den Piazza del Plebiscito in Neapel / © F8 studio ( shutterstock )

Die geplante Studie zu Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in der katholischen Kirche in Italien wird als multidisziplinäres Forschungsprojekt umgesetzt.

Damit beauftragt sind das "Istituto degli Innocenti" (Institut der Unschuldigen) in Florenz und das Interdisziplinäre Forschungszentrum für Viktimologie und Sicherheit der Universität Bologna. Der von Italiens Bischofskonferenz bereits 2022 angekündigte Zeitraum, auf den sich die Untersuchungen stützen sollen, bleibt: die Studie bezieht sich auf festgestellte oder mutmaßliche Fälle, die zwischen 2001 und 2021 in den einzelnen Diözesen gemeldet und bearbeitet wurden. 

Ergebnis soll Ende 2025 vorliegen

Angekündigt wurde das Projekt vergangene Woche bei einem Kongress der Italienischen Bischofskonferenz und Italiens Vatikanbotschaft. Laut der neuen Leiterin der landesweiten kirchlichen Fachstelle für Kinderschutz, Chiara Griffini, wird das Forschungsprojekt in zwei Phasen durchgeführt. Auf eine Untersuchung in nur einigen der 226 italienischen Diözesen soll eine Ausweitung folgen. Ziel sei es, die Situation des Missbrauchs durch Geistliche in den 20 Jahren quantitativ und qualitativ zu erfassen und zu vertiefen, so Griffini.

Symbolbild Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt, sexueller Missbrauch / © M-Production (shutterstock)
Symbolbild Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt, sexueller Missbrauch / © M-Production ( shutterstock )

Das Ergebnis - so hoffe man - werde bis Ende 2025 vorliegen. Neue Daten werden also nicht erhoben, die Zahl der Akten ist bekannt: In dem genannten 20-Jahres-Zeitraum haben Italiens Bistümer 613 Akten an die vatikanische Glaubensbehörde weitergeleitet. Letztere hält sich - anders als zunächst angekündigt - aus den Untersuchungen heraus.

Grundsätzlich arbeite man nicht mit Bischofskonferenzen, sondern mit einzelnen Bischöfen oder Ordensoberen zusammen, sagte John Joseph Kennedy, Leiter des Bereichs für disziplinarische Fragen im Glaubensdikasterium, am Rande des Kongresses. Auch falle es nicht in ihren Aufgabenbereich, Statistiken zu erstellen - es bleibe sonst zu wenig Zeit, die Fälle selbst zu bearbeiten. 

Konkret soll nun die Vatikanbehörde die Fall-Akten an die italienischen Bischöfe bzw. die von ihnen beauftragten Forscher übergeben. Nun hat man sich laut Kennedy aber gegen diese ursprüngliche Vereinbarung entschieden, auch aus Datenschutzgründen.

Um das gleiche Ergebnis zu erzielen - das Material sei ohnehin aus den Diözesen gekommen -, habe man vorgeschlagen, jeder einzelne Bischof solle das Material an die zuständige Stelle schicken.

Wird der untersuchte Zeitraum erweitert?

Ob der untersuchte Zeitraum je erweitert wird, bleibt abzuwarten. Die nun beginnende Untersuchung der Akten wurde bereits vor zwei Jahren angekündigt. Bislang veröffentlicht haben Italiens Bischöfe lediglich Analysen ihrer nationalen Präventionsmaßnahmen zwischen 2020 und 2022. Im Jahr 2019 hatte die Bischofskonferenz eine nationale Fachstelle für Kinderschutz ins Leben gerufen und damit begonnen, regionale Meldestellen einzurichten. 

Dom Maria Himmelfahrt in Bozen / © Vivida Photo PC (shutterstock)
Dom Maria Himmelfahrt in Bozen / © Vivida Photo PC ( shutterstock )

Einzig das norditalienische Bistum Bozen-Brixen (Südtirol) hat bislang eine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben. Die Untersuchung der Akten erfolgt für die Jahre ab 1964; damals wurden die Bistumsgrenzen neu geregelt. Erste Ergebnisse sollen Anfang kommenden Jahres veröffentlicht werden.

Initiativen von Missbrauchsopfern kritisieren das Vorgehen der Italienischen Bischofskonferenz schon lange. Sie fordern eine unabhängige wie umfassende Untersuchung der Missbrauchsfälle in Italiens Kirche. Die neuerliche Ankündigung der Studie bezeichnete das italienische Betroffenennetzwerk "Rete l'abuso" im Vergleich zu dem, was in anderen Ländern getan worden sei, als "eher begrenzt und unvollständig", auch weil es Meldungen bei der Ziviljustiz ausklammere.

Quelle:
KNA