Studierende feiern Roratemesse mit Kardinal

Vor der Uni kurz zu Gott

Montagmorgen, 7 Uhr: Bei Studentinnen und Studenten ist das nicht unbedingt die beliebteste Uhrzeit. In Bonn scheint das anders zu sein, denn im Advent beten am Anfang der Woche dutzende Studierende gemeinsam – mit einem prominenten Gast.

Autor/in:
Gerald Mayer
Kerzen in der Bonner Remigiuskirche / © Gerald Mayer (DR)
Kerzen in der Bonner Remigiuskirche / © Gerald Mayer ( DR )

Noch eine Stunde dauert es, bis die erste Online-Vorlesung beginnt. Langsam füllen sich die Kirchenbänke von St. Remigius in der Bonner Innenstadt. Nur wenige Meter sind es von hier bis in die Hörsäle der Theologischen Fakultät. Viele Studierende, die heute in die Frühmesse kommen, haben mittlerweile mehr Vorlesungen auf dem eigenen Sofa gehört als in den Räumen am Hofgarten.

Anders als in der Universität ist beim gemeinsamen Beten im Advent kein Homeoffice angesagt. Stattdessen gelten bei der Roratemesse strenge Hygieneregeln: Abstand in den Reihen, Mund- und Nasenbedeckung, kein Gesang. Trotz aller Einschränkungen: Seit drei Wochen ist der Gottesdienst bei Kerzenschein ein Ort zum Kraft schöpfen.

Kölner Erzbischof zu Gast in der Roratemesse

Am Morgen nach dem dritten Adventssonntag wartet eine besondere Überraschung auf die jungen Studierenden: Anstelle des Geistlichen, der sonst mit ihnen die Morgenmesse feiert, zieht der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in die dunkle Kirche ein. Wenn die Theologiestudierenden gemeinsam den Advent feierten, gehöre er selbstverständlich dazu. "Mir liegen die Studierenden hier in Bonn sehr am Herzen. Also gab es für mich nichts Schöneres, als zusammen mit ihnen die Messe zu feiern und uns auf Weihnachten vorzubereiten", so Kardinal Woelki.

Es sei besonders die Atmosphäre, das Kerzenlicht und die Musik, die den Gottesdienst zu einem Ort der Ruhe mache, erzählt eine Studentin. Gerade in der Pandemie sei es wichtig, sich zumindest einmal in der Woche von Angesicht zu Angesicht zu treffen. "Es ist im Moment eine Zeit, in der viele Menschen gefahrlaufen, einsam zu sein. Das schlägt auch auf die Psyche. Da ist es wichtig, jemanden zu haben, der einen auffängt" – und den finde man in der Bonner Remigiuskirche, ergänzt eine Kommilitonin.

"Erzwungene Einsamkeit in der Pandemie"

Auch der Kardinal bemühe sich, im Advent jeden Tag eine ruhige Zeit einzuhalten. "Dass es die Stille, das Warten und Ausharren im Leben gibt, das hilft – mir jedenfalls – die Herausforderung des Tages anzunehmen", so Woelki. Die Corona-Pandemie könne in diesem Jahr dabei helfen, den Blick auf das Wesentliche zu richten.

Während man in den vergangenen Jahren den Advent mit Konsum gefeiert habe, könne die "die erzwungene Einsamkeit helfen, die eigenen Lebensthemen nach oben zu holen und sich mit der notwendigen Stille und Gelassenheit den Fragen zu stellen, die das Leben ausmachen“, so der Kölner Erzbischof.

Für die Studierenden geht es nach dem Gottesdienst wieder zurück in die erzwungene Einsamkeit an den Bildschirmen. Einige von ihnen haben die ersten Minuten ihrer Vorlesungen für die gemeinsame Roratemesse geopfert. Ob sie ihren Ort der Einkehr im harten Lockdown weiter haben werden, steht noch nicht fest, so das Team des Mentorats Bonn, das die Gottesdienste vorbereitet. Wenn, dann geht es am kommenden Montag wohl mit noch strengeren Hygieneregeln vor der Uni kurz zu Gott.


Kardinal Woelki feiert mit Studierenden eine Roratemesse / © Gerald Mayer (DR)
Kardinal Woelki feiert mit Studierenden eine Roratemesse / © Gerald Mayer ( DR )

Eine Studentin trägt die Lesung vor.  / © Gerald Mayer (DR)
Eine Studentin trägt die Lesung vor. / © Gerald Mayer ( DR )

Eine Studentin betet in der Bonner Remigiuskirche / © Gerald Mayer (DR)
Eine Studentin betet in der Bonner Remigiuskirche / © Gerald Mayer ( DR )
Quelle:
DR