DOMRADIO.DE: Für Sie ist ein lang ersehnter Traum in Erfüllung gegangen. In der Liebfrauenkirche im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt haben Sie drei Kinder taufen dürfen. Und das auch noch mit den Medien im Nacken. Was für ein Moment war das für Sie?
Silke Jourdan (Pastoralreferentin Bad Cannstatt und Münster im Bistum Rottenburg-Stuttgart): Ein ganz besonders schöner. Ich musste auch noch mal schmunzeln, als ich die Fotos von der Feier angeschaut habe, weil ich da nur am Lachen bin. Es war so schön, dass die Kameras ganz vergessen waren.
DOMRADIO.DE: Die Kameras haben Sie aber nicht vergessen. Sie waren wirklich überall, in der Tagesschau, im Radio, in Zeitungen. Was haben Sie für Rückmeldungen bekommen?
Jourdan: Überall, wo ich in den letzten Wochen hingegangen bin, gab es immer Glückwünsche. Überall kamen Leute auf mich zu und haben sich mit mir gefreut und mir gratuliert. Ganz viele haben gesagt, dass sie sich freuen, weil es in Zeiten, wo es ganz viele negative Nachrichten aus der Kirche gibt, auch mal was zum Mitfreuen gibt.
DOMRADIO.DE: Hatten Sie mit so einem überwältigenden Echo gerechnet?
Jourdan: Nein, überhaupt nicht. Vor allem habe ich nicht damit gerechnet, dass es jetzt nur um mich geht. Wir sind insgesamt 22 Frauen in der Diözese und auch vier Männer. Die werden ganz vergessen.
DOMRADIO.DE: Was leiten Sie aus diesen wohlwollenden Reaktionen ab?
Jourdan: Dass es für viele überhaupt kein Problem darstellt, dass Frauen auch in solchen liturgischen Rollen auftreten. Es war auch so nett, weil am Samstag nach der Taufe eine große Schwester von den zwei Brüdern gefragt wurde, wie sie das findet. Die hat überhaupt nicht verstanden, warum das Fernsehen und das Radio da ist, weil sie mich in der Kommunionvorbereitung immer erlebt hat.
DOMRADIO.DE: Weckt das in Ihnen den Wunsch, noch mehr priesterliche Aufgaben zu übernehmen?
Jourdan: Ich feiere sehr gerne Gottesdienst und ich finde es an dem Punkt immer schwierig, die Frage so zu formulieren, als ob es nur um mich als Person gehen würde. Mir geht es an der Stelle viel mehr um die Glaubwürdigkeit der Kirche und darum, dass unsere Botschaft durch vieles nicht glaubwürdig rüberkommt, weil für Frauen dieser Zugang zu den Ämtern verwehrt ist. Deshalb wünsche ich mir an der Stelle mehr für die Kirche und für die Botschaft.
DOMRADIO.DE: Haben Sie schon wieder neue Eltern, die ihr Kind von Ihnen taufen lassen wollen?
Jourdan: Ja, ich habe schon sieben Kinder mit Taufterminen. Das sind viele Familien, die mich auch schon kennen, weil ich für die hier bei uns zuständig bin. Ich bin die Ansprechperson in den Kitas und an vielen Orten. Aber auch Eltern, die ein zwei Wochen altes Kind haben, haben sich gemeldet.
Das Interview führte Hilde Regeniter.