Ein Bauzaun mit Plastikplane schützt zurzeit das Grab des Altkanzlers im Speyerer Adenauerpark vor neugierigen Blicken. Darüber hinaus ragt der Kran eines Kleinbaggers. Kurz vor dem zweiten Todestag von Helmut Kohl (1930-2017) am 16. Juni ist seine Witwe Maike Kohl-Richter an diesem Dienstag mit einigen Arbeitern mit der Grabpflege beschäftigt. Seit fast zwei Jahren ruht der frühere "Kanzler der Einheit" und gebürtige Ludwigshafener in einem bescheidenen Grab auf dem Friedhof des Speyerer Domkapitels am Rande des öffentlichen Parks: darauf nur ein schlichtes Holzkreuz, ein paar Sträucher, ein Vogelhäuschen.
"Es wird eine Zwischenlösung für das Grab geben", sagt die Kohl-Witwe dem Evangelischen Pressedienst (epd). Näheres zur Umgestaltung will Kohl-Richter nicht verraten. Als anmaßend empfindet sie die Kritik von Medien sowie von Bürgerinnen und Bürgern, die den Ort der Begräbnisstätte und ihren seit 2017 provisorischen Zustand als unwürdig für einen verdienten Staatsmann erachten.
"So vieles für dieses Land geleistet"
Vor allem die Medien seien Schuld daran, dass ihr Mann, der in seinen letzten Lebensjahren auf den Rollstuhl angewiesen war, "runtergeschrieben" worden sei, kritisiert die Kohl-Witwe. Ihr Mann und sie selbst seien systematisch von vielen Journalisten in den Schmutz gezogen worden. Ein solcher respektloser Umgang mit "dem Mann, der so vieles für dieses Land geleistet hat", sei würdelos, sagte sie dem epd.
Ein Grabtourismus hat sich indes nicht entwickelt, wie es die Stadt Speyer kurz nach der Beerdigung am 1. Juli 2017 befürchtet hatte. Damals pilgerten täglich mehrere hundert Menschen an das Grab, um dem CDU-Politiker die letzte Ehre zu erweisen. Seither haben die Besucherzahlen stark abgenommen, viele Menschen gehen achtlos an der unauffälligen Begräbnisstätte vorüber. Sie liegt, von einer versteckten Videokamera bewacht, an einem beliebten Fußweg im Park, der vom Speyerer Bahnhof in die Innenstadt führt.
Streit mit den Söhnen
In der Vergangenheit war in den Medien viel darüber spekuliert worden, warum der Altkanzler nicht an der Seite seiner verstorbenen ersten Ehefrau Hannelore im Ludwigshafener Familiengrab beerdigt wurde. Beobachter führten einen familiären Streit der Witwe mit den Kohl-Söhnen als Grund an. Das Bistum Speyer wollte sich am Dienstag auch zu lange schwelenden Gerüchten nicht äußern, dass Kohl sich nach seinem Tod eine Bestattung im Speyerer Dom, an der Seite der deutschen Kaiser, Könige und Bischöfe gewünscht habe. Einige Medien hatten berichtet, dass das Bistum Speyer ein entsprechendes Anliegen Kohls und seiner zweiten Ehefrau Maike zurückgewiesen habe.
Ebenso unbestätigt sind Gerüchte, dass die Kohl-Witwe sich mit der Bitte um Übernahme der Kosten für Blumen und Grabstein an die Stadt Speyer gewandt habe. Zuständig für die Grabgestaltung und -pflege ist nach Informationen der Stadtverwaltung die Witwe, die sich darüber mit dem Domkapitel und der Stadt abstimme. Die Kommune sieht sich nur für die Pflege des Parks und dessen Verkehrssicherheit zuständig.
"Viele Leute fragen"
Hinweistafeln auf das Grab von Helmut Kohl im Adenauerpark oder gar ein "Leitsystem" für Touristen in der Domstadt gibt es nicht. "Viele Leute fragen, wo sich sein Grab befindet", erzählt ein Mitarbeiter des städtischen Gartenbauamts. Andere wüssten nichts von dem prominenten Verstorbenen, dessen Grab nur wenige Meter von einem Kinderspielplatz entfernt liegt. "Ich habe meine Meinung, sage dazu aber nichts", sagt eine Frau, die sich dort auf einer Parkbank ausruht.
Ein Speyerer, der als Hausmeister in einer alten Villa am Adenauerpark arbeitet, ist von Passanten schon oft nach dem Weg zum Kohl-Grab gefragt worden. "Manchmal kommen sie zurück, weil sie es nicht gefunden haben", erzählt er. Den alten Park, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der Friedhof von Speyer war, findet er als Grablege für den Altkanzler jedoch schön. "Seltsam ist nur, dass es so lange gedauert hat, bis es bei der Grabpflege vorwärts geht."