Taizé feiert runden Geburtstag

Das Konzil der Jugend

Begonnen hat alles am 30. August 1974 – seitdem begeistern die Gebetstreffen von Taizé jedes Jahr tausende von Menschen und vor allem Jugendliche. Über den Zauber von Taizé hat Stephan Vesper (ZdK) im Interview berichtet.

Gebete beim Taize-Treffen in Straßburg (dpa)
Gebete beim Taize-Treffen in Straßburg / ( dpa )

domradio.de: Für alle diejenige, die sich vielleicht nicht an dieses Ereignis erinnern können. Was ist denn damals bei diesem Konzil überhaupt passiert?

Stephan Vesper (Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken): Das ist ja eine Bewegung, die von Roger Schutz, dem Gründer und langjährigen Leiter von der Gemeinschaft von Taizé, initiiert worden ist, die auch heute noch andauert. Die Idee dahinter: Junge Menschen sollen verstehen, dass sie zur Kirche gehören, dass sie die Kirche mitgestalten und mitprägen. Diese Kirche soll in die Welt hinausstrahlen, in alle Länder, in alle Sprachen. In den sozialen Fragen soll sie sich engagieren. Damals wurde da aufgerufen: 'Kommt nach Taizé! Es beginnt ein Konzil der Jugend'. Das war ja kurz nach dem richtigen Zweiten Vatikanischen Konzil, und ich war damals 18 Jahre alt. Wir sind damals mit einigen aus der Klasse hingefahren und wussten nur irgendwie passiert was Historisches. Dann waren 40.000 junge Menschen  da. Es hatte furchtbar geregnet, es war alles im Matsch. Aber es war fröhlich, es war auch fromm in einem schönen Sinne. Wir haben uns unterhalten, wir haben versucht uns zu verstehen. Es kamen ja aus den verschiedensten Ländern Jugendliche. Man bekam einen Bibeltext über den man mit zehn Leuten in so kleinen Kreisen diskutieren sollte. Es war eine total schöne und prägende Erfahrung.

domradio.de: Wenn Sie jetzt zurückblicken, finden Sie etwas, was sie für ihr Glaubensleben aus dieser Zeit haben mitnehmen können?

Vesper: Dass Kirche immer auch jung ist. Ich will das auch unterstreichen. Wir denken immer Kirche wäre was für alte Leute, das stimmt überhaupt nicht. Kirche ist immer jung. Jugendliche haben immer Fragen nach dem Sinn und nach der Zukunft, und da gibt es eben auch immer Antworten aus dem Glauben heraus. Aber neben dieser Sache sind es eigentlich drei Punkte. Erstens: Kirche ist weltweit. Das habe ich damals erfahren, europaweit, Ost-West aber auch Afrikaner, Asiaten waren da. Kirche ist eine weltweite Gemeinschaft, und das prägt und das schweißt zusammen. Wir sind eine große Menschheitsfamilie. Zweitens: Kirche ist solidarisch. Taizé hat sich immer auch für die Armen eingesetzt. Die Brüder leben ja in Afrika, in Asien mitten unter den Armen, und es war immer klar, dass das mit uns zu tun hat. Das wir im reichen Westen darauf achten müssen, dass Gerechtigkeit entsteht und wächst. Und das Dritte ist: Kirche ist ökumenisch. Ich bin als katholischer Christ hingefahren. Es waren viele evangelische Christen dort. Roger Schutz selbst ist ja reformierter Christ. Es waren Orthodoxe da. Wir haben da intuitiv gespürt wir gehören zusammen. In Taizé wird es bis heute ja auch überkonfessionell gelebt, auch das Beten und Miteinander. Es waren einfach tolle Impulse, die mich durch mein ganzes Leben bisher begleitet haben.

domradio.de: Starke Worte: Kirche ist weltweit, jung, solidarisch - Ökumene, ein großes Thema. Hat sich da in den vergangenen 40 Jahren auf diesem Gebiet denn was getan? Man hat ja heute das Gefühl für die junge Generation existiert diese Trennung kaum noch.

Vesper: Die Brüder von Taizé haben immer gesagt 'Wir möchten, dass ihr in eurer Konfession bleibt, dass ihr das versteht, wie eure Kirche lebt. Wie unsere gemeinsame Kirche in den verschiedenen Konfessionen lebt'. Bis heute noch sagt der neue Prior Frere Alois, der damals ein junger Mann war: 'Geht in eure Kirchengemeinden, und engagiert euch vor Ort. Es ist wichtig, dass ihr in eurer Gemeinde bleibt, aber bleibt in einer offenen ökumenischen Haltung mit Respekt für die Anderen.' Das ist überhaupt ein Wort, das mich seit dieser Zeit enorm bewegt. 'Habt Respekt für den anderen Weg in der Kirche. Habt Respekt für die Vielfalt des Lebens in der Kirche. Glaubt nicht, so wie es bei euch sein muss, ist es weltweit in unserer Kirche. Sondern es gibt andere Formen.' Es ist auch ein großer Aufruf zur Toleranz.

Das Interview führte Verena Tröster


Gläubige während des Taize-Treffens in Straßburg (dpa)
Gläubige während des Taize-Treffens in Straßburg / ( dpa )
Quelle:
DR