Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum hat eine umfassende Aufklärung des Mordanschlags auf den indigenen Geistlichen Marcelo Perez angekündigt. Auf der Pressekonferenz am Montag (Ortszeit) sagte die Linkspolitikerin, "wir koordinieren die Ermittlungen, damit dieses Verbrechen nicht ungesühnt bleibt".
Nach Gottesdienstbesuch erschossen
Perez war am Sonntag nach Ende eines Gottesdienstes in San Cristobal de las Casas in der südmexikanischen Unruheprovinz Chiapas von Unbekannten in seinem Auto erschossen worden. Die Hintergründe sind unklar, die Tat hatte im ganzen Land Entsetzen ausgelöst. Nahezu alle mexikanischen Medien berichteten am Montag auf ihren Titelseiten davon.
Bischof fordert "entschiedene Maßnahmen" für Frieden
Der Bischof von San Cristobal de las Casas, Rodrigo Aguilar Martinez, sagte dem Portal "Proceso", die Behörden seien mit der Herausgabe von Informationen über Fortschritte bei den Ermittlungen zurückhaltend: "Sie sagen nur, dass sie arbeiten werden und dass es keine Straflosigkeit geben wird." Die Kirche erwarte von der Regierung, "dass sie entschiedene Maßnahmen ergreift, um den Frieden im Land und insbesondere in Chiapas wiederherzustellen". An die Auftraggeber und geistigen Urheber des Mordes gerichtet, sagte der Bischof: "Kehrt um, korrigiert eure Taten. Noch ist es nicht zu spät. Ändert eure Herzen."
Der emeritierte Bischof von San Cristobal de Las Casas, Kardinal Felipe Arizmendi Esquivel, rief die Behörden auf, "einen intelligenten Weg zu finden, um die bewaffneten Gruppen zu entwaffnen". Es sei keine Lösung, dass die Menschen Anzeigen gegen die organisierte Kriminalität erstatten; dadurch würden sie sich nur selbst in Lebensgefahr bringen. "Wir wollen nicht noch mehr Gewalt, aber wir wollen, dass diese Gruppen entwaffnet werden. Die bisherigen Strategien haben nicht funktioniert", sagte der Kardinal, der Perez vor Jahren zum Priester geweiht hatte.
Trauerzug und Tränen am Sarg
Unterdessen nahmen Tausende Menschen in seiner Heimatgemeinde von dem getöteten Priester Abschied. Noch in der Nacht warteten laut lokalen Medienberichten die Gläubigen auf die sterblichen Überreste des populären Geistlichen, der sich in der von Gewalt und Drogenkrieg heimgesuchten Unruheprovinz für Frieden und Versöhnung eingesetzt hatte. Der Sarg wurde in seine Gemeinde San Andres Larrainzar in Los Altos de Chiapas gebracht. Der Trauerzug sei durch Rufe wie "Es lebe Pater Marcelo, Verteidiger der Menschenrechte" oder "Stoppt das organisierte Verbrechen" begleitet worden, hieß es. Am aufgebahrten Sarg, an dessen Seite auch der Vater des Opfers Platz nahm, brachen zahlreiche Gläubige in Tränen aus.
Nach dem Mordanschlag am Sonntag hatten sich die Vereinten Nationen, der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM und die Mexikanische Bischofskonferenz zu Wort gemeldet und eine umfassende Aufklärung des Attentats gefordert. Nichtregierungsorganisationen sprachen von einem schweren Verstoß gegen die Menschenrechte.
Würdigung durch das Hilfswerk Adveniat
Als "Symbol des friedlichen Widerstands" hat das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, Adveniat, den am vergangenen Wochenende ermordeten mexikanischen Priester Marcelo Pérez gewürdigt. Der 51 Jahre alte Priester habe die Gemeinden im mexikanischen Bundesstaat Chiapas darin unterstützt, "ihre Würde und Rechte zu verteidigen und einen echten Frieden zu schaffen", sagte die Adveniat-Expertin für Mexiko, Rebekka Konté, am Dienstag in Essen. Der Priester habe für die indigene Bevölkerungsgruppe der Tzotzil, der er selbst angehörte, gekämpft und Friedensmärsche organisiert. Als Mediator habe Pérez mit Kartellen, Bürgerwehren und staatlichen Autoritäten verhandelt, um ein Ende der Gewalt zu erreichen, hieß es.
Der Menschenrechtsaktivist hatte laut Adveniat schon mehrfach Morddrohungen erhalten und war daher von kirchlicher Seite zu seinem Schutz von seiner ländlichen Gemeinde nach San Cristóbal de las Casas versetzt worden. Von den staatlichen Autoritäten seien zu keiner Zeit Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden, obwohl unter anderem die Kirche, das mexikanische Menschenrechtszentrum Frayba und verschiedene internationale Organisationen dazu aufgerufen hatten, erklärte das Hilfswerk.
Gewalt bleibt oft straflos
Der Bundesstaat Chiapas ist geprägt von bewaffneten Konflikten zwischen den Drogenkartellen Jalisco Nueva Generación und Sinaloa sowie deren Unterorganisationen, die um die Kontrolle des Gebietes kämpfen. Gerade die indigenen und ländlichen Gemeinden seien gewaltsamen Vertreibungen ausgesetzt, es komme zu willkürlichen Gewaltakten und Morden. Diejenigen, die sich wehrten und für die Wahrung der Menschenrechte kämpften, würden bedroht oder ermordet.
Die organisierte Kriminalität hat Politik und staatliche Institutionen nach Angaben von Adveniat so stark korrumpiert, dass Gewalt meist straflos bleibt.
170.000 Gewalttote in sechs Jahren
In Mexiko tobt ein blutiger Krieg von rivalisierenden Kartellen und Banden. Während der Ende September zu Ende gegangenen sechsjährigen Präsidentschaft des Linkspopulisten Andres Manuel Lopez Obrador wurden mehr als 170.000 Menschen getötet. Insbesondere in der Grenzregion zu Guatemala ist der Kampf der kriminellen Banden um die Kontrolle der Routen für Drogen und Migration in den vergangenen Monaten eskaliert.
Schon während des Wahlkampfes hatte die katholische Kirche in Mexiko allen Präsidentschaftskandidaten eine Art Pakt vorgeschlagen, in dem Dutzende Vorschläge zur Verbesserung der Lage enthalten waren. Die spätere Wahlsiegerin Sheinbaum ging auf Distanz: "Ich teile die pessimistische Einschätzung der aktuellen Situation nicht" - unterschrieb aber dennoch.