DOMRADIO.DE: Wann wurden Sie in ihrer Gemeinde das letzte Mal Opfer von Vandalismus?
Regina Kasper (Büroleiterin der katholischen Kirchengemeinde Sankt Matthias in Berlin-Schöneberg): Am 9. Januar 2020 wurde eine unserer Kirchen mit einer Teerbombe beworfen und beschmiert.
DOMRADIO.DE: Eine Teerbombe?
Kasper: Eine Teerbombe, das war sehr hässlich, sehr dreckig, sehr schwarz und sehr schwer wegzukriegen.
DOMRADIO.DE: Was hat Sie als Opfer von einem solchen Akt von Vandalismus am meisten getroffen?
Kasper: Das ist schwer zu sagen, weil wir alle Formen von Vandalismus erleben. Das reicht von aufgebrochenen Opferstöcken über Urin im Weihwasserbecken bis hin zum Stehlen von Kerzenleuchtern – da ist alles dabei. Ich glaube, am meisten trifft uns, dass wir unsere Kirchen nicht mehr aufmachen können. Wir müssen sie geschlossen halten, und wenn wir sie öffnen, dann müssen wir die Kirchen bewachen.
Ansonsten sind wir hier dem ganz normalen Vandalismus ausgesetzt, den wir aus Berlin kennen. Die Gläubigen nehmen das, glaube ich, inzwischen eher mit einer gewissen Wut und Fassungslosigkeit hin. Hinzu kommt der Ärger, dass wir unser Geld für etwas Besseres nutzen könnten als für die Beseitigung von Silvesterschäden, eingeschlagenen Scheiben oder Ähnlichem.
DOMRADIO.DE: Wie gehen Sie mit diesem Vandalismus um?
Kasper: Wir gehen damit relativ gelassen um. Wir bringen das zur Anzeige, beseitigen die Schäden so schnell wie möglich und schützen die Kirchen. Das ist, glaube ich, der Weg aller großen Gemeinden in Berlin. Die Innenstadtgemeinden haben damit sicherlich mehr zu tun als die Gemeinden in Grunewald oder in Steglitz. In den Innenstadtgemeinden ist es aber tatsächlich so, dass wir das alle kennen.
Der Vandalismus geht auch durch alle Schichten durch. Das kann der 15-Jährige sein, der seine Wut ablassen und seinen Graffiti-Tag irgendwo hinterlassen muss. Dann kann es Beschaffungskriminalität sein, um den nächsten Schuss zu finanzieren. Dann reicht es auch bis hin zu ideologischen Aktionen. Und es gibt auch einfach Menschen, die der Meinung sind, sie müssen so ihre Meinung kundtun.
DOMRADIO.DE: Jugendliche hinterlassen also ihre Tags, also einfach ein Zeichen, zum Beispiel in Form von Graffiti?
Kasper: Genau, sie hinterlassen ihre Zeichen, um zu zeigen: Ich habe den Mut, das zu tun. Die kennen ihre Tags teilweise ja untereinander. Tags sind unproblematischer als Hakenkreuze, muss man sagen.
DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, Sie zeigen das natürlich an bei der Polizei. Gibt es denn da Ermittlungserfolge?
Kasper: Selten. Die Polizei ist sehr bemüht. Es wird auch, wenn es um Kirchen geht hier in Berlin, immer gleich der Staatsschutz eingeschaltet. Die Anzeigen werden schnell aufgenommen, sodass wir dann auch schnell die Schäden beseitigen können, weil die Polizei wirklich zügig da ist. Ermittlungserfolge sind aber sehr selten – meistens verläuft es im Sande und die Ermittlungen werden eingestellt.
DOMRADIO.DE: Glauben Sie, man kriegt dieses Problem in Zukunft wieder unter Kontrolle?
Kasper: Ich wüsste nicht, ob sich das grundlegend ändern wird. Ich glaube, das ist ein Zug unserer Gesellschaft, dass wir das Eigentum anderer oder auch unser kulturelles Erbe nicht mehr in dem Maße schützen und wertschätzen, wie das mal der Fall war und vielleicht auch andernorts, Gott sei dank, noch ist.
Das Interview führte Tobias Fricke.