Mehrere Verbände haben dazu aufgerufen, Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung in der Corona-Pandemie nicht zu vergessen. Zum europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am Dienstag warnten Diakonie und der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe am Montag vor Rückschritten bei der Teilhabe.
Behandlungszentren finanziell gefährdet
Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung benötigten besonderen Schutz und Unterstützung und dürften nicht allein gelassen oder "weggesperrt" werden, mahnten die beiden evangelischen Verbände. Versorgungsstrukturen wie zum Beispiel medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen seien in akuter Gefahr, weil sie finanziell nicht abgesichert seien.
Diakonie-Vorstandsmitglied Maria Loheide sagte, wichtig seien auch Schutzmaterialien sowie Anleitung und Assistenz in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben "auf Distanz". Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung gehörten teilweise zu den Risikogruppen.
Menschen mit Behinderung teilweise Risikogruppe
Der Selbsthilfeverein Lebenshilfe kritisierte, dass in der Öffentlichkeit kaum die Belastung von Familien mit behinderten Angehörigen wahrgenommen werde. "Auch in der Diskussion zur Öffnung der Schulen sind Kinder und Jugendliche mit Behinderung nicht im Blick", sagte die Bundesvorsitzende Ulla Schmidt. Da Menschen mit Beeinträchtigung oft Vorerkrankungen hätten und damit zur Risikogruppe gehörten, seien Eltern zusätzlich hin- und hergerissen, ob sie Hilfe von außen überhaupt annehmen sollen. "Der Staat muss diesen Familien jetzt mit allen Mitteln helfen", forderte die frühere Bundesgesundheitsministerin. Dazu zählten etwa Notbetreuung und ein Ausgleich für Verdienstausfälle.
UN-Konvention noch nicht umgesetzt
Der Sozialverband VdK forderte eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit für private Anbieter wie Restaurants oder Arztpraxen. "Über zehn Jahre nach Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen sind immer noch zu viele Menschen mit Behinderung von uneingeschränkter Teilhabe weit entfernt", sagte Verbandschefin Verena Bentele. Es müsse sich bei der Inklusion sehr viel mehr bewegen als bisher - und das vor allem auch schneller. "Teilhabe ist ein Menschenrecht, das nicht verhandelbar ist", betonte Bentele.