Es ist eine anspruchsvolle Tätigkeit. Rund um die Uhr stehen 365 Tage im Jahr ehrenamtlich Engagierte in der evangelischen und in der katholischen TelefonSeelsorge bereit, um mit Menschen über ihre Sorgen, Nöte und Ängste zu sprechen.
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie oder während des Kriegs in der Ukraine wählen immer mehr Menschen die Not-Nummer. Etwa 80 Gespräche kommen am Tag in beiden Stellen der TelefonSeelsorge an, weiß Annelie Bracke. Die Diplom-Psychologin und Theologin leitet seit über 20 Jahren als hauptamtliche Kraft die katholische TelefonSeelsorge.
Dort mitzuarbeiten, sei eigentlich ein sehr beliebtes Ehrenamt, weil sehr viel geboten werde und weil die Arbeit wirklich Spaß mache, erzählt die 62-Jährige gegenüber DOMRADIO.DE. "Wer einmal dabei ist, bleibt auch sehr lange."
Kein Sprung ins kalte Wasser
Doch im Augenblick merken beide Stellen, dass sich viel weniger Leute für die Arbeit in der TelefonSeelsorge interessieren und dann auch für die Mitarbeit dort bewerben. So eine Situation habe es schon einmal gegeben, erinnert sich Bracke an das Jahr 2016. "Das hat damit zu tun, dass viele Menschen, die sich engagieren wollen, schauen, wo es im Augenblick am nötigsten ist." Und da sei nun einmal das Engagement für Geflüchtete aus der Ukraine an erster Stelle – glücklicherweise, betont Bracke.
Dennoch benötigen die insgesamt etwa 150 Ehrenamtlichen in beiden Stellen der TelefonSeelsorge Verstärkung, um auch weiterhin die rund 26.000 Anrufe, die pro Jahr reinkommen, stemmen zu können.
Ins kalte Wasser springen muss niemand, denn dem ehrenamtlichen Dienst geht eine monatelange Ausbildung voraus, denn neben den Alltagssorgen der Menschen gehe es in manchen Gesprächen um richtige Lebenskrisen bis hin zu suizidalen Krisen. Man bekomme mit psychisch kranken Menschen zu tun, mit Ehe- und Beziehungsproblemen, zählt Bracke das ganze Spektrum der Anrufgründe auf. "Wir möchten, dass die Leute ganz gut ausgebildet sind, wenn sie da sitzen."
Das sei aber auch der Anreiz für viele, diese Hürde von etwa einem Jahr zu nehmen, in der Gruppe zu lernen und auch später noch an weiteren Fortbildungen teilzunehmen. "Und es ist eine tolle Gemeinschaft", ergänzt die Leiterin.
Man lernt viel über sich selbst
Karla ist seit sechs Jahren bei der TelefonSeelsorge tätig. Neben diesem Ehrenamt betreut sie aber auch eine Flüchtlingsfamilie und hat zudem ein Projekt für Menschen in der Ukraine gestartet. Während letztere zwei Tätigkeiten viel Eigeninitiative erfordern und auch eher spontan entstanden sind, ist die Arbeit bei der Telefonseelsorge mehr vorbereitet.
Die Arbeit im Dienst sei klar festgelegt und man erfahre durch Supervisionen auch viel Rückendeckung, erzählt Karla gegenüber DOMRADIO.DE. Sobald die kleinste Unsicherheit auftrete, habe sie eine Ansprechpartnerin, die ihr weiterhelfe. "Auch meine seelischen Befindlichkeiten werden da zu jeder Zeit aufgefangen."
Natürlich müsse man für ein oder mehrere Ehrenämter die entsprechende Zeit aufwenden, so Karla weiter. Aber gerade die Ausbildung in der TelefonSeelsorge habe ihr bei der Bewältigung ihres Engagements sehr weitergeholfen. Sie durfte darin sehr viel über sich, ihre Kompetenzen und Möglichkeiten erlernen und gehe daher auch sehr viel bewusster damit um.
Jeder, der mit dem Gedanken spielt, dieses oder jenes Ehrenamt auszufüllen, müsse sich neben der zeitlichen Frage auch mit dem Gedanken auseinandersetzen, wie die eigene Persönlichkeit in diese Aufgabe einzubringen seien, denn ganz wichtig sei auch die Frage der Grenzziehung, rät Karla. Zwei Stunden pro Woche bei einer Tafel zu arbeiten, habe da einen ganz anderen Charakter als beispielsweise die Betreuung einer Flüchtlingsfamilie.
Ausbildung beginnt im Sommer
Die nächste Ausbildung bei der TelefonSeelsorge beginnt im Sommer diesen Jahres. Bei Interesse ist es sinnvoll, sich jetzt schon zu melden, um erste Informationsgespräche zu führen, was im Falle einer Bewerbung auf die Interessenten zukommt. Auch während der Ausbildung müsse man immer wieder prüfen, ob die Tätigkeit in der TelefonSeelsorge zu einem passe. "Da begleiten wir die Menschen auch sehr gut", sagt Bracke.