Thema Pflege wird laut Ethikrat-Chefin fast alle betreffen

"Früher ins Leben zu holen"

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, mahnt zu mehr Auseinandersetzung mit Pflegebedürftigkeit. Dies betreffe sowohl die Einzelnen als auch die Politik. Viele würden das Thema in der Familie noch verdrängen, so Buyx.

Eine Seniorin sitzt zugedeckt und mit einem Teddybär im Arm zu Hause im Sessel, ihre Pflegerin sitzt neben ihr. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Eine Seniorin sitzt zugedeckt und mit einem Teddybär im Arm zu Hause im Sessel, ihre Pflegerin sitzt neben ihr. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Man müsste viel ausführlicher mit den eigenen Eltern darüber sprechen", viele Menschen verdrängten das Thema jedoch, sagte Buyx am Mittwochabend bei 3sat. Sinnvoll wäre indes, es "früher ins Leben zu holen", sich auch etwa über informelle Netzwerke für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu informieren.

Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx / © Michael Kappeler (dpa)
Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx / © Michael Kappeler ( dpa )

Bewusstseinswandel nötig

Für die Politik seien die Randbedingungen ebenfalls herausfordernd, erklärte die Medizinethikerin. Der demografische Wandel und der Mangel an Fachkräften führten zu hoher Belastung, sowohl bei Profis als auch in der häuslichen Pflege durch Angehörige. "Das greift alles ineinander", betonte Buyx. Daher brauche es einen Bewusstseinswandel. Einrichtungen und Träger seien gefragt, den Beruf attraktiver zu machen.

Dies erfordere finanzielle Mittel. Zugleich sei bekannt, dass Pflegekräfte unter moralischer Belastung litten, wenn sie ihrer Arbeit nicht angemessen nachgehen könnten. Hinzu kämen Arbeitsverdichtung und körperliche Anstrengung. Buyx rief dazu auf, offen für Lösungsideen zu bleiben. So ließen sich manche Aufgaben – wie die aufwändige Dokumentation einzelner Tätigkeiten – auch technisch lösen, etwa durch den Einsatz von Robotern. Auch von anderen Ländern, wo es inzwischen mitunter Pflege-Studiengänge gebe, lasse sich lernen.

"Das wird teuer"

Die meisten Menschen wünschten sich, so lange wie möglich selbstständig zu bleiben – und, wenn dies nicht mehr gehe, eine gute Versorgung zu bekommen. "Das wird teuer", unterstrich die Expertin. Und: "Wenn wir alle so alt werden, wie im Moment die Prognosen sind, dann werden sehr viele von uns pflegebedürftig werden." Trotz der zahlreichen gegenwärtigen Krisen müsse die Gesellschaft dieses Thema angehen.

Deutscher Ethikrat

Der Deutsche Ethikrat ist ein unabhängiger Sachverständigenrat, der Politik und Gesellschaft in ethischen Fragen berät und Empfehlungen vorlegt. Ziel ist die naturwissenschaftlich-medizinische, ethische, rechtliche und sozialwissenschaftliche Begleitung. Zudem soll er als Dialogforum die öffentliche Debatte voranbringen und mit vergleichbaren Institutionen in anderen Ländern zusammenarbeiten.

Alena Buyx, Vorsitzende Deutscher Ethikrat, Sigrid Graumann, Sprecherin der AG Pandemie des Deutschen Ethikrates, und Volker Lipp, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates, Pressekonferenz  / © Michael Kappeler (dpa)
Alena Buyx, Vorsitzende Deutscher Ethikrat, Sigrid Graumann, Sprecherin der AG Pandemie des Deutschen Ethikrates, und Volker Lipp, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates, Pressekonferenz / © Michael Kappeler ( dpa )

 

Quelle:
KNA