Theologe hält Beschäftigung mit Apokryphen für lohnenswert

"Vielfalt des antiken Christentums"

Apokryphen sind Schriften, die nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden. Ihre Inhalte reichen vom Leben Jesu zu Alltäglichem. Die Beschäftigung mit ihnen kann aus Sicht des Theologen Tobias Nicklas durchaus lohnenswert sein.

Symbolbild alte Bücher / © MIGUEL G. SAAVEDRA (shutterstock)
Symbolbild alte Bücher / © MIGUEL G. SAAVEDRA ( shutterstock )

Vielfalt könne dabei helfen, "die Stimme Gottes zu erkennen", sagte Nicklas in einem Interview des Portals katholisch.de am Sonntag. Wichtig sei zugleich, damit nicht unkritisch umzugehen.

In den apokryphen Texten fänden sich konkrete Fragen von Menschen, "die nicht unbedingt Theologinnen oder Theologen sind, und der Versuch, darauf mithilfe von biblischen, christlichen oder kirchlichen Traditionen zu antworten. So können wir uns diesen Schriften nähern, ohne dass wir jetzt gleich ganz apokryph werden."

Schriften haben Wert für Theologie

Diese Schriften könnten laut Nicklas dabei helfen, theologische Fragen "anders oder neu zu stellen oder wiederaufzugreifen.

Illustration einer apokryphen Erzählung über das Schulleben Jesu aus Dänemark / © Stig Alenas (shutterstock)
Illustration einer apokryphen Erzählung über das Schulleben Jesu aus Dänemark / © Stig Alenas ( shutterstock )

So können wir die Selbstverständlichkeit des Neuen Testaments plötzlich mit anderen Augen betrachten."

Vielfalt des antiken Christentums

Erst in den vergangenen Jahrzehnten habe die Theologie erkannt, "dass wir in den apokryphen Texten viel über die Vielfalt des antiken Christentums erfahren können.

So kann man aus den außerbiblischen evangelienähnlichen Texten nur wenig über den historischen Jesus in Erfahrung bringen, aber viel davon erfahren, wie man Jesus verstanden hat."

Weiterführung biblischen Denkens und Erzählens

Nur wenige dieser Texte richteten sich "bewusst gegen großkirchliche Strömungen", betonte der Theologe. "Viele Texte wollen die biblische Denk- und Erzählwelt weiterführen und sie in andere Sphären bringen."

Eine kurze Chronik der Bibelübersetzungen

250 v. Christus: Die Septuaginta, die älteste durchgehende Übersetzung der hebräisch-aramäischen Bibel in die altgriechische Alltagssprache, entsteht. Die meisten Bücher des sogenannten Alten Testaments waren bis etwa 100 v. Chr. übersetzt, die restlichen Bücher folgten bis 100 n. Chr.

Ende 1. Jahrhundert n. Chr.: Jüdische Schriftgelehrte bestimmen den genauen Umfang der hebräischen Bibel.

um 200: Der Kanon des Neuen Testaments steht im wesentlichen fest; es entstehen erste frühe Übersetzungen ins Lateinische.

Eine Frau liest in einer Bibel / © poylock19 (shutterstock)
Eine Frau liest in einer Bibel / © poylock19 ( shutterstock )
Quelle:
KNA