Theologe Hartl stellt gesellschaftliche Zukunftsfragen

Ideen aus dem Garten Eden

Das Eden Fest, das im Juli in Augsburg stattfindet, stellt die Frage nach einer menschenfreundlichen Zukunft. Der katholische Theologe, Philosoph und Autor Johannes Hartl hat das Eden Fest mit anderen ins Leben gerufen. Warum?

Symbolbild Gruppe Menschen / © Artens (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Das Eden Fest ist eine Konferenz, wie es sie so noch nie gegeben hat. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Johannes Hartl / © Dieter Mayr (KNA)
Johannes Hartl / © Dieter Mayr ( KNA )

Dr. Johannes Hartl (Katholischer Theologe, Philosoph und Autor): In meinem Buch habe ich Thesen in den Raum gestellt, was wir für eine menschenfreundliche und auch optimistische Zukunftsvision bräuchten.

Aber dann ist außen herum ganz viel entstanden. Es kamen Leute auf mich zu, die gesagt haben, dass sie schon genau so leben. Es gab schon Projekte, Ideen und Forschungsergebnisse, die in diese Richtung gehen. Dann hatte ich die Idee, diese Leute alle zu einem Festival der Hoffnung zu versammeln. 

DOMRADIO.DE: Wenn die Zukunft eine Stadt ist, wie sieht sie aus? In welcher Welt wollen wir leben und wie bleibt sie menschlich? Das sind nur einige Fragen, die Sie auf dem Eden Fest stellen. Wie wollen Sie sich den Antworten nähern? 

Hartl: Das sind nur erste Schritte. Ich kam auf diese Idee, als ich von der Stadt Neom in Saudi Arabien gehört habe. Dort wird eine riesige Stadt gebaut, die eine 170 Kilometer lange Linie sein soll. Daraufhin habe ich mich gefragt, was braucht es dann in dieser Stadt, damit sie menschlich bleibt? Das ist nur ein erster Aufschlag. Aber alles Große beginnt ja irgendwo im Kleinen.

DOMRADIO.DE: Ist das ein ganzheitlicher Ansatz?

Hartl: Absolut. Da geht es über emotionale Gesundheit, Beziehungen, Erziehung bis hin zu Kunst, Kultur, aber auch technologische Fragen. Zum Beispiel, wie wir mit Künstlicher Intelligenz umgehen oder mit der Herausforderung der Digitalisierung und der Ökologie.

Symbolbild Tropische Naturlandschaft / © J. Helgason (shutterstock)
Symbolbild Tropische Naturlandschaft / © J. Helgason ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt das Christentum und das Christsein auf dem Eden Fest? Muss man gläubig sein, um daran teilzunehmen? 

Hartl: Das Eden Fest ist eine säkulare Konferenz, das heißt es ist eine Gesellschaftskonferenz. Bei vielen Rednern wird man eine christliche Prägung merken. Außerdem gibt es freiwillige Angebote wie eine Frühmesse, an der man teilnehmen kann. Aber das Hauptprogramm ist säkular und jeder ist willkommen. 

DOMRADIO.DE: Sie haben viel Prominenz für das Fest gewinnen können. Unter anderem Navid Kermani und Samuel Koch werden da sein. Wen haben Sie noch alles angesprochen und wer hat noch alles zugesagt? 

Hartl: Wir haben viele Leute da, die vielleicht nicht jeder kennt, die aber in dem Forschungsumfeld bekannt sind. Sarah Spiekermann ist beispielsweise zum Thema Digitale Ethik sehr bekannt. Lera Auerbach ist eine Komponistin, deren Werke jedes Jahr in der Carnegie Hall in New York aufgeführt werden. Christian Bachmann ist ein Forscher über "Parenting" und frühe Kindheit, was ja auch ein wichtiges Thema in unserer Zeit ist.

Johannes Hartl

"Ich glaube, es gibt kein Zurück in den Garten Eden. Aber dieses Bild vom Garten erinnert uns an das, was uns menschlich hält."

DOMRADIO.DE: An wen richtet sich das Eden Fest?

Hartl: Es gibt zwei Voraussetzungen. Man muss erstens an gesellschaftlichen Zukunftsfragen interessiert sein. Es ist nicht nur eine Endverbraucher-Konferenz, um sich an Kultur zu ergötzen.

Zweitens muss man etwas mit diesen intellektuellen und künstlerischen Ansätzen anfangen können. Es wird zwar keine verkopfte Sache, aber es ist eben keine reine Glaubenskonferenz und es ist auch kein reiner Spaßpark. 

DOMRADIO.DE: Das Eden Fest ist eine Anspielung auf den Garten Eden. Ist das Ihr Ziel? 

Hartl: Ich glaube, es gibt kein Zurück in den Garten Eden. Aber dieses Bild vom Garten erinnert uns an das, was uns menschlich hält. Es ist interessant, dass uns der liebe Gott nicht in einer Fabrik erschaffen hat, sondern in einem Garten. Wir lassen uns von der Frage inspirieren "Wie sähe die Welt aus, wenn wir ein bisschen 'gartenähnlicher' wären?" 

DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen das Fest persönlich? 

Hartl: Für mich persönlich ist es ein Traum, der wahr wird. Ich liebe einerseits große Veranstaltungen und habe auch schon viele gemacht. Andererseits habe ich in dem Buch "Eden Culture" meine denkerischen Krisen zusammengetragen. Ich bin total gespannt, wie das beides zusammenkommt. Ich weiß gar nicht, wie es wird. Es ist ein Experiment. 

Johannes Hartl

"Aber man kann eine Gesellschaft und eine Zukunft nicht um das Negative, das man vermeiden will, herum bauen."

DOMRADIO.DE: Es wird überall gemeckert und gemosert, überall wird auf das Negative hingewiesen. Das Eden Fest, so höre ich heraus, zieht auch Optimisten an.

Hartl: Es ist sogar im Gegenteil so, dass es verboten ist etwas zu beklagen. Es ist leicht zu sagen, wogegen man ist. Natürlich sind wir gegen mehr CO2, Sexismus und Rassismus. Aber man kann eine Gesellschaft und eine Zukunft nicht um das Negative, das man vermeiden will, herum bauen. Stattdessen müssen wir als Gesellschaft sprachfähig werden. Welche Welt wollen wir unseren Kindern hinterlassen und wofür sind wir? Dieser radikal positive Ansatz ist nicht naiv, sondern man ist bewusst für etwas und nicht nur gegen etwas. 

Das Interview führte Johannes Schröer.

Quelle:
DR