Theologe schließt als Christ Freude über Tod Prigoschins aus

"Ein Christ darf so nicht denken"

Der Tod des offenbar bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Chefs der Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, mag manchen Zeitgenossen erleichtern. Für den Moraltheologen Rupert Scheule ist dies kein christlicher Gedanke.

Rupert Scheule, Moraltheologe an der Universität Regensburg / © Christoph Renzikowski (KNA)
Rupert Scheule, Moraltheologe an der Universität Regensburg / © Christoph Renzikowski ( KNA )

"Einer weniger von den Bösen", könnte einem durch den Kopf gehen. Doch darf ein Christ so denken?

"Nein, ein Christ darf so nicht denken", sagt der in Regensburg lehrende katholische Moraltheologe Rupert Scheule am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eigentlich sei er kein Vertreter seines Faches, der schnell mit der "Das darst du nicht"-Keule komme, aber in diesem Fall verfechte er entschieden diese Haltung.

Hinweis auf moralische Verkommenheit

Scheule führte an, dass Prigoschin letztlich nicht für die von ihm verursachten Massenmorde verurteilt und bestraft worden sei. Der Flugzeugabsturz sei möglicherweise passiert, weil er sich aufgrund des Aufstands vor zwei Monaten mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin überworfen habe. "Was die vielen Opfer Prigoschins gebraucht hätten, wäre eine Aufarbeitung von Prigoschins Verbrechen gewesen, nicht dieser verworrene John-le-Carre-mäßige Kino-Abgang, der da jetzt vermutlich stattgefunden hat."

Letztlich sei dieses ganze Szenario nur ein Hinweis auf die moralische Verkommenheit des russischen Machtapparats, ergänzte der Theologe. "Da wird kein Prozess geführt, da findet kein Diskurs über begangenes Unrecht statt, da verschwinden Menschen auf spektakuläre Weise." Damit werde ein weiteres Mal eine Atmosphäre der Angst erzeugt und nicht Gerechtigkeit, so Scheule.

Anhänger Prigoschins legen nach Flugzeugabsturz Blumen nieder

Anhänger des Anführers der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, haben mit Trauer und Wut auf die Nachricht vom mutmaßlichen Tod des 62-Jährigen bei einem Flugzeugabsturz reagiert. Am Café "Patriot" in St. Petersburg, das viele Einwohner der Stadt mit Prigoschin und seiner Wagner-Truppe verbinden, seien massenhaft Blumen niedergelegt worden, berichtete die Tageszeitung "Kommersant" am Donnerstag. Auch aus anderen russischen Städten wie in Nowosibirsk wurde von Trauer- und Gedenkaktionen berichtet.

Ein Mann legt an einer informellen Gedenkstätte neben dem ehemaligen PMC-Wagner-Zentrum Blumen nieder. Der russische Söldnerführer Jewgeni Prigoschin ist nach Angaben seines Telegram-Kanals Grey Zone vom Mittwoch tot. Von offizieller Seite steht eine Bestätigung aus / © Dmitri Lovetsky/AP (dpa)
Ein Mann legt an einer informellen Gedenkstätte neben dem ehemaligen PMC-Wagner-Zentrum Blumen nieder. Der russische Söldnerführer Jewgeni Prigoschin ist nach Angaben seines Telegram-Kanals Grey Zone vom Mittwoch tot. Von offizieller Seite steht eine Bestätigung aus / © Dmitri Lovetsky/AP ( dpa )
Quelle:
KNA