Theologe sieht größere Freiheiten für Papst Franziskus

Jetzt mehr Spielraum?

Der langjährige Freund und ehemaliger Schüler Joseph Ratzingers, Professor Wolfgang Beinert, sieht nach dem Tod Benedikts XVI. einen größeren Spielraum für Papst Franziskus. Dieser habe aus Rücksicht oft keine klare Position bezogen.

Ein nachdenklicher Papst Franziskus im Oktober 2022 (dpa)
Ein nachdenklicher Papst Franziskus im Oktober 2022 / ( dpa )

"Ich hoffe, dass Papst Franziskus sich künftig zu manchen Themen deutlicher äußern wird" sagte der Theologe Wolfgang Beinert am Wochenende der Katholischen Nachrichten-Agentur. Franziskus habe auch aus Rücksicht gegenüber seinem emeritierten Vorgänger zu Themen wie etwa Homosexualität keine klare Position bezogen.

Wolfgang Beinert (KNA)
Wolfgang Beinert / ( KNA )

Viele dachten, es gebe zwei Päpste

Nach Beinerts Einschätzung wäre es besser gewesen, wenn Benedikt sich nach seinem Rücktritt 2013 nicht als emeritierten Papst bezeichnet hätte, sondern nur noch als Altbischof von Rom: "Das war ein Problem. Viele haben gemeint, es gebe zwei Päpste." Für die Zukunft müsse die Kirche eine klare Regelung für solche Fälle finden.

Beinert war Assistent von Ratzinger - zunächst an der Universität Tübingen, dann an der Uni Regensburg, wo er später als Dogmatik-Professor arbeitete.

Sein Lehrer sei "ein großer Mensch und ein großer Theologe gewesen", sagte der 89 Jährige. "Als Papst hat er nicht zur Erneuerung der Kirche beigetragen, sondern das Rad der Geschichte rückwärts zu drehen versucht."

Linie des Antimodernismus vertreten

Benedikt XVI. habe wie sein Vorgänger Johannes Paul II. in der Linie des Antimodernismus gestanden. Reformen im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) habe er kritisch gesehen. Dies betreffe etwa die Ökumene, die Sexualmoral und die Kollegialität der Bischöfe als Gegengewicht zu einem römischen Zentralismus.

Benedikt XVI. war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche. Er starb am Samstag im Alter von 95 Jahren in seiner Wohnung im Vatikan.

 

Das geistliche Testament von Papst Benedikt XVI.

Am Tag seines Todes, dem Silvestertag 2022, hat der Vatikan das Geistliche Testament von Papst Benedikt XVI. veröffentlicht, das er bereits am 29. August 2006 verfasste. Die Katholische Nachrichten-Agentur dokumentiert den Text in der Originalfassung (in alter Rechtschreibung):

Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak (KNA)
Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak ( KNA )

 

Quelle:
KNA