Beim Sünden-Ablass gibt es nach Einschätzung des Theologen Dariusz Kowalczyk von der Päpstlichen Gregoriana-Universität immer wieder Missverständnisse. Anlässlich des gerade im Heiligen Jahr oft angestrebten vollkommenen Nachlasses der Sündenstrafen sei die Kirche gehalten, diesen in der Vergangenheit oft kritisierten Brauch theologisch zu klären. Der Theologe äußerte sich in einem am Donnerstag erschienen Artikel der renommierten Jesuiten-Zeitschrift "La Civiltà Cattolica".

In seinen Ausführungen erinnerte der aus Polen stammende Theologe daran, dass Papst Franziskus den Ablass eng mit der barmherzigen Gnade Gottes verknüpft habe. Auch nach der Vergebung einer Sünde in der Beichte brauche es Zeit, bis die Wunden heilen können. "Deshalb sprechen wir von zeitlichen Sündenstrafen", so Kowalczyk. Diese würden nicht von Gott verhängt, sondern ergäben sich aus den Folgen der Sünden in der menschlichen Existenz.
Luthers Ablasskritik wirkt nach
Der Theologe erinnerte an Luthers Ablasskritik an der "Berechnung" und Vermarktung der göttlichen Gnade. Die Kirche habe darauf mit einer vertieften und verbesserten Ablass-Lehre reagiert. Dies betreffe auch die Lehre vom "vollkommenen Ablass".
Kowalczyk betonte zudem, dass nach heutiger Lehre ein vollkommener Ablass nur dann möglich sei, wenn ein Sünder nach Beichte, Kommunion und Gebeten keinerlei emotionale Bindung an die begangene Sünde mehr habe. Dies sei aber nur sehr selten der Fall. Ohne diese völlige innere Loslösung von der Sünde könne es aber nur einen "teilweisen Ablass" geben. Davon abgesehen sei es ohnehin extrem schwierig, von quantitativen Bemessungen zu sprechen, wenn es um geistliche Dinge gehe, die eben keine "Sachen", sondern Beziehungen des Menschen zu Gott seien.
Das Heilige Jahr 2025 sei eine Einladung an die Glaubenden, ihre "Kenntnis vom Sinn des Ablasses zu erneuern" und ihn voll Vertrauen und Hoffnung anzunehmen.