Theologe Söding sieht keinen Durchbruch bei Ökumene

"Es hakt und hakt"

Theologe Thomas Söding hofft auf eine Weiterentwicklung der vor 25 Jahren verabschiedeten Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre zwischen Lutheranern und Vatikan. Ein Fortgang sei allerdings unsicher, beklagt er. Warum?

Autor/in:
Stephan Cezanne
Prof. Dr. Thomas Söding / © Peter Bongard (Zentralkomitee der deutschen Katholiken)

"Es hakt und hakt und hakt. Und im Moment ist kein Durchbruch erkennbar", sagte der Bochumer Theologieprofessor und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). 

Die aus der Bibel abgeleitete Rechtfertigungslehre behandelt die zentrale Frage, wie der Mensch vor Gott gerecht wird. Der Streit um deren Auslegung führte am Ende des Mittelalters zur Spaltung der europäischen Christenheit. Dieser Kernpunkt des Glaubens trennte Katholiken und Protestanten fast 500 Jahre lang. 

Doppelter Durchbruch in Glaubensfrage 

Am 31. Oktober 1999 wurde dieser theologische Konflikt in Augsburg beigelegt: Vertreter des Vatikans und des Lutherischen Weltbunds unterzeichneten die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre". Dieses Dokument bestätigt, dass beide Kirchen in dieser fundamentalen Glaubensfrage nun grundsätzlich übereinstimmen.

Söding zufolge ist die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre ein doppelter Durchbruch gewesen: "Erstens hat man in der sogenannten Konsensökumene vereinbart, dass theologische Unterschiede erlaubt sind. Dies betrifft nicht nur die Ausdrucksweise, sondern auch die Gewichtung von Themen." Das Entscheidende aber sei, dass diese "Unterschiede nicht kirchentrennend" seien. Das sei wegweisend gewesen.

Allerdings sei er "ein wenig im Zweifel" darüber, wie weit das Dokument das Denken auf evangelischer und katholischer Seite bislang geprägt hat, so der Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum. Zweitens habe das Thema der Rechtfertigung selbst größtes Gewicht: "kirchenkritisch, glaubensstark, weltbewegend".

"Die Mehrheit folgt ihrem Herzen" 

Der nächste Schritt sei jetzt, eine weitere gemeinsame Erklärung zu machen. "Nachdem wir uns über die Taufe durchaus im Grundsatz einig sind, können wir uns nun auf weitere wichtige Themen konzentrieren. Unser nächstes Ziel ist eine gemeinsame Erklärung zu drei zentralen Punkten: zum Verständnis der Kirche, zur Bedeutung der Eucharistie respektive des Abendmahls sowie zur Rolle des geistlichen Amtes", so der 1956 geborene Söding.

Abendmahlsgeschirr in einem Gottesdienst  / © Jens Schulze (epd)
Abendmahlsgeschirr in einem Gottesdienst / © Jens Schulze ( epd )

Der Ökumene-Experte warnte davor, dass kleine, aber lautstarke Gruppen in beiden Kirchen die Zusammenarbeit von Christen unterschiedlicher Konfession behindern: "Auch in den Kirchen gibt es den Bazillus dieses identitären Denkens, das sich durch Abgrenzung profilieren will." 

Die letzte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) habe aber gezeigt, dass die Bereitschaft der großen Mehrheit, etwas zusammen zu machen, sehr groß ist. "Die Menschen entscheiden selber, wie sie das mit Abendmahl und Eucharistie halten. Die ganz überwiegende Mehrzahl folgt ihrem Herzen."

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

"Wir bekennen gemeinsam, dass der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Freiheit, die er gegenüber den Menschen und den Dingen der Welt besitzt, ist keine Freiheit auf sein Heil hin. Das heißt, als Sünder steht er unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade." So heißt es unter anderem in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, mit der am 31.

10 Jahre Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1 (KNA)
10 Jahre Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1 / ( KNA )
Quelle:
epd