Theologin sieht Einfluss von Taylor Swift auf US-Wahl

"Es kommt Harris auf jeden Fall zugute"

Im Kampf um die US-Präsidentschaft zwischen Kamala Harris und Donald Trump hat sich die Musikerin Taylor Swift für die Wahl von Harris positioniert. Die Theologin Annika Schmitz sieht darin einen klaren Vorteil für die Demokratin.

Taylor Swift / © Jeffrey T. Barnes (dpa)
Taylor Swift / © Jeffrey T. Barnes ( dpa )

DOMRADIO.DE: Keine halbe Stunde nach Ende der TV-Debatte zwischen Donald Trump und Kamala Harris hat die Sängerin Taylor Swift auf der Social-Media-Plattform Instagram gepostet, Kamala Harris zu wählen. Allein auf Instagram hat Swift rund 283 Millionen Follower. Ist das jetzt die halbe Miete für Kamala Harris, wenn sie so ein Statement abgibt? 

Annika Schmitz / © Florian Nütten (privat)
Annika Schmitz / © Florian Nütten ( privat )

Annika Schmitz (Redakteurin der Herder Korrespondenz, Monatszeitschrift für Gesellschaft und Religion): Experten beobachten durchaus einen sogenannten Swift-Effekt. Das meint zum Beispiel den positiven Einfluss, den sie immer dort auf die Wirtschaft hat, wo sie Konzerte gibt. 

Auch bei früheren Wahlen ließ sich beobachten, dass sich nach Swifts Aufruf zehntausende Menschen für die Wahlen haben registrieren lassen. Die Homepage mit den Informationen zu den Präsidentschaftswahlen, auf die Swift jetzt verwiesen hat, haben laut US-Medien gleich mehrere 100.000 Menschen aufgerufen. 

Für Harris ist es mit Sicherheit wichtig, die Unterstützung von Swift zu haben. Sie nutzt das auch direkt und verkauft in ihrem Wahlkampfshop Freundschaftsarmbänder mit ihrem Namen und dem Namen ihres Vizes. Sie hat auch zum Beispiel die Bühne mit einem Song von Swift verlassen. Die Fangemeinde von Swift ist loyal. Sie hat einen Vorbildcharakter für andere Prominente und eine riesige Reichweite durch die gesamten USA. Ich glaube, es kommt Harris auf jeden Fall zugute, dass Swift sie unterstützt. 

Annika Schmitz

"Medial ist ja auch in den vergangenen Monaten spekuliert worden, ob Ihre Wahlempfehlung sogar entscheidend für den Ausgang der Wahl sein würde."

DOMRADIO.DE: Politische Beobachter hatten seit Wochen gespannt auf eine Positionierung von Taylor Swift gewartet. Sie hatte sich ja schon gegen Trump positioniert und vor vier Jahren auch Joe Biden unterstützt. Eigentlich ist dieses Pro-Harris-Statement keine große Überraschung. Warum schlägt es trotzdem jetzt so hohe Wellen? 

Schmitz: Ich würde sagen, weil sie einfach der Mega-Star schlechthin ist und alles zieht, was sie in irgendeiner Form macht. Medial ist ja auch in den vergangenen Monaten spekuliert worden, ob ihre Wahlempfehlung sogar entscheidend für den Ausgang der Wahl sein würde. 

Jetzt war es eine Weile nach den vereitelten Anschlägen in Wien auch ihrerseits politisch ein bisschen still. Da war natürlich die Frage, ob sie sich jetzt zu Wort meldet oder nicht. Zumal sie, was sie mal in einer Dokumentation gesagt hat, auch sehr bereut, dass sie sich bei den Wahlen 2016 eben nicht explizit gegen Trump ausgesprochen hat. 

Annika Schmitz

"Swift weiß natürlich sehr genau, wen sie jetzt mit ihrem Statement erreicht und wen nicht. Zugleich sind gerade die Stimmen junger Wählerinnen und Wähler extrem wichtig."

DOMRADIO.DE: Auffällig ist, dass Taylor Swift sehr klar in der Aussage ist, Harris würde für die Rechte von Frauen und der LGBTQ-Bewegung kämpfen, genau wie Taylor Swift. Dafür brauche es echte Kämpfer. Ist das möglicherweise der entscheidende Punkt, dass sie Themen und Zielgruppe hier genau benennt? 

Kamala Harris / © Julia Nikhinson (dpa)
Kamala Harris / © Julia Nikhinson ( dpa )

Schmitz: Das kann ich mir schon vorstellen. Taylor Swifts Erfolg ist meiner Meinung nach grundsätzlich davon getragen, dass sie bestimmte Zielgruppen sehr klar anspricht. Das sind nicht ausschließlich, aber vor allem jüngere bis mittelalte, zumeist weiße Frauen. Das sind diejenigen, die Swift mit ihren Songtexten abholt. Für diese Zielgruppe sind natürlich Fragen, die sie selbst betreffen, auch entscheidend – vor allem Frauenrechte. 

Wenn wir generell in die USA und auf das Wahlverhalten der Menschen gucken, hat die Financial Times vor Monaten Daten zusammengetragen, die zeigen, dass die Wertvorstellungen und entsprechend auch das Wahlverhalten junger Männer und Frauen weltweit massiv auseinandergehen. 

Swift weiß natürlich sehr genau, wen sie jetzt mit ihrem Statement erreicht und wen nicht. Zugleich sind gerade die Stimmen junger Wählerinnen und Wähler extrem wichtig. Das hat die Präsidentschaftswahl von 2022 gezeigt. 

Annika Schmitz

"Trump gehen aber meiner Meinung nach die berühmten Persönlichkeiten aus, die eine hohe Reichweite haben und auch vielleicht ähnliche Zielgruppen bedienen wie Swift."

DOMRADIO.DE: Am 5. November ist die Wahl in den USA. Die Briefwahl startet schon vorher. Taylor Swift ist nun also die große Kamala Harris Unterstützerin. Was wird Donald Trump jetzt entgegensetzen? Vielleicht Kid Rock? Wäre der Sänger gleichwertig? Ist so etwas denkbar? 

Schmitz: Kid Rock ist ja schon beim Parteitag aufgetreten. Trump gehen aber meiner Meinung nach die berühmten Persönlichkeiten aus, die eine hohe Reichweite haben und auch vielleicht ähnliche Zielgruppen bedienen wie Swift. 

Pink hat kürzlich beim Parteitag der Demokraten gesungen. Das war nicht so ganz überraschend. Ihre politische Einstellung ist schon lange bekannt. Man denke da nur an ihren Song "Dear Mr. President" ("Lieber Herr Präsident", Anm. d. Red.), der gegen den Republikaner George W. Bush gerichtet war. 

Meryl Streep hat Trump schon vor Jahren mit einer Rede bei den Golden Globes scharf kritisiert. George Clooney unterstützt Harris genau wie Beyoncé. Deren Song "Freedom" (Freiheit, Anm. d. Red.), eine Protesthymne gerade der Black Community nach dem Mord an George Floyd, benutzt Harris für den Wahlkampf. Da wird das Eis für Trump schon dünner. Die Rolling Stones zum Beispiel wollen nicht, dass Trump ihre Musik verwendet.

Es gibt aber auch Unterstützer von Trump. Darunter Elon Musk, der sich allerdings jetzt zuletzt auch mit einem sehr sexistischen und übergriffigen Post gegen Swift nicht unbedingt nur Freunde gemacht hat, und auch Kid Rock. Ich bezweifle allerdings stark, dass der Musiker auch nur im Ansatz die Reichweite und Prominenz einer Taylor Swift hat und vor allem auch nicht die so wichtigen Stimmen junger Frauen und der queeren Community abholen wird.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR