Theologinnen beklagen Benachteiligung von Frauen in der Theologie

"Gender Graduation Gap"

Große Hürden für Frauen in der Theologie: Zwei Wissenschaftlerinnen kritisieren besonders große Geschlechtsunterschiede bei den Möglichkeiten in ihrem Fachbereich. Ihr Fazit: Da muss sich einiges ändern, auch bei den Frauen.

Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Wissenschaftlerinnen haben es schwer – in der Theologie ganz besonders, sagen zwei, die es wissen müssen: Anlässlich des Tags der Frauen in der Wissenschaft am Dienstag beschreiben die Theologinnen Julia Enxing und Martina Bär auf dem Portal "feinschwarz.net" Geschlechts-Unterschiede (Gender Gaps) in ihrem Fach.

Die Professorinnen für Fundamentaltheologie schildern: Nur jede fünfte Professur in der Theologie sei von einer Frau besetzt – im Durchschnitt aller Universitätsdisziplinen sei es jede vierte. Neben dem "Gender Pay Gap" beschreiben sie einen ausgeprägten "Gender Graduation Gap" in der Katholischen Theologie: "Nur 26 Prozent der angestrebten Promotionen von Frauen erreichen ihr Ziel, das entspricht etwa einem Viertel der Gesamtzahl.". Dieses "Frauen-Viertel" sei allerdings im Vergleich mit anderen Fächern Deutschlands und vor allem in den Geisteswissenschaften (56 Prozent) sehr niedrig. Bär und Enxing bilanzieren: "Die Wahrscheinlichkeit, eine Promotion erfolgreich abzuschließen, ist bei Doktoranden um gut zwei Drittel höher als bei Doktorandinnen."

Kirchliche Lehrerlaubnis – für Frauen kein Selbstläufer

Außerdem wirke sich der sogenannte Matilda-Effekt in der Theologie aus, er besage, dass die von Frauen produzierten wissenschaftlichen Forschungen weniger Aufmerksamkeit und Anerkennung erführen. Das drücke sich auch in einem "Gender Citiation Gap" aus – Wissenschaftlerinnen würden weniger häufig zitiert als ihre männlichen Kollegen.

Weitere Diskriminierungserfahrungen erleben die Theologinnen in ihrer Disziplin, wenn es um die Beantragung der kirchlichen Lehrerlaubnis gehe: "Hier erhalten Frauen deutlich öfter Nachfragen oder Beanstandungen durch Rom, so dass sich die intransparenten Verfahren möglicherweise über einen längeren Zeitraum hinziehen können." Auch das Wissen darum wirke hemmend, so die Autorinnen.

Solidarität unter Frauen Mangelware

Enxing und Bär bemängeln, auch mit der weiblichen Solidarität unter Theologinnen sei es nicht weit her: "Immer wieder stehen Frauen aufgrund des eigenen harten Kampfes um Anerkennung und Reputation anderen Frauen im Wege." Die Theologinnen warnen vor der Gefahr, der jüngeren Generation die gleiche harte Schule zuzumuten: "Es anders zu machen, hat nichts mit einer Gönnerhaftigkeit zu tun, sondern mit der Überzeugung, dass es das Wagnis wert ist", schreiben sie. Es gelte, einen "Theorie Praxis Gap" zu überwinden.

Wolle die akademische Theologie noch ernst genommen werden, "so wäre es unserer Meinung nach an der Zeit, Energie eher in die Selbsthinterfragung als in die Selbsterhaltung zu stecken", so die Autorinnen.

Julia Enxing lehrt Fundamentaltheologie in Bochum und Martina Bär in Graz.

Weniger Theologiestudierende an deutschen Unis

An deutschen Universitäten studieren weniger Menschen Theologie als noch vor fünf Jahren. Die Gründe für diesen Rückgang seien sehr verschieden, sagte Gerald Kretzschmar, Studiendekan der Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im gesamten Bereich der Geisteswissenschaften gebe es einen Rückgang der Studierendenzahlen. Vergleiche man die Entwicklung der Erstsemesterzahlen mit denen der Konfirmationen, sehe man laut Kretzschmar eine Korrelation.

Die Neue Aula, eines der Hauptgebäude der Eberhard Karls Universität Tübingen (Universität Tübingen)
Die Neue Aula, eines der Hauptgebäude der Eberhard Karls Universität Tübingen / ( Universität Tübingen )
Quelle:
KNA