Zwei von 23 Kartausen schließen

"Tot für die Welt"

Zwei Klöster müssen schließen - das klingt nach einer Alltagsmeldung. Aber von den Kartäusern, einem der traditionsreichsten Orden der katholischen Kirche, gab es eh nie allzu viele. Was ist das für ein Orden, der als der strengste gilt?

Kartäuserkloster Marienau - einzige bestehende Kartause in Deutschland  (KNA)
Kartäuserkloster Marienau - einzige bestehende Kartause in Deutschland / ( KNA )

Sie sind eine Art Verschlusssache Jesu, der strengste Orden der katholischen Kirche. Seit über 900 Jahren leben die Kartäuser so zurückgezogen, dass sie von jeher ein Hauch des Geheimnisvollen umgibt. Ihre außergewöhnliche Spiritualität verbreitete sich im Hochmittelalter über ganz Europa - allerdings bei weitem nicht so rasant wie das Benediktiner- oder Zisterziensertum.

Es hat niemals viele Kartäuser gegeben - vielleicht auch weil Gott nicht so viele gewollt hat. Denn ihr Leben ist hart und entbehrungsreich.

Im Jahr 2020 wird es nur noch 17 Kartausen geben

Dass noch in diesem Jahr zwei Kartäuserklöster schließen müssen - eines für Männer und eines für Frauen -, klingt vordergründig nach einer Alltagsmeldung. Doch es handelt sich tatsächlich um ein knappes Zehntel der weltweiten Bestände. 2020 wird es nur noch 17 Kartausen für Männer und vier für Frauen geben.

Die Entscheidung der Ordensleitung wurde zwar grundsätzlich bereits vor einigen Jahren getroffen, wie der Blog "brunonis.net" berichtet. Da sich aber seither immer noch kein Ordensnachwuchs durch Neueintritte eingestellt habe, werde die Schließung nun vollzogen.

Künftig nur noch vier Frauenklöster weltweit

Betroffen ist die spanische Kartause von Benifassa, eine frühere Zisterzienserabtei abseits der Gemeinde La Pobla de Benifassa in der Region Valencia. 1968 zogen dort Kartäuserinnen ein - auch wenn das Kloster nicht dem Idealbild einer Kartause entspricht. Denn normalerweise bewohnt jeder Kartäuser ein eigenes Häuschen. Die Nonnen von Benifassa aber wohnen in einzelnen Klosterzellen.

Mit dem Ende der spanischen Kartause von Benifassa gebe es künftig nur noch vier Frauenklöster weitweit, berichtet "brunonis.net" unter Berufung auf einen Beschluss der Ordensleitung.Mit der Schließung wird es bald keine Kartäuserinnen im spanischsprachigen Raum mehr geben. Von den verbliebenen vier Niederlassungen liegen zwei in Frankreich, eine in Italien und eine in Südkorea.

Auch der zweite Auflösungsbeschluss betrifft die Iberische Halbinsel: Das Männerkloster Santa Maria de Scala Coeli in Portugal schließt ebenfalls noch in diesem Jahr seine Pforten. Im benachbarten Spanien freilich gibt es noch drei Kartausen für Männer.

Größter Einschnitt - die Französische Revolution

Zählt man alle Kartausen zusammen, die seit 1084 gegründet wurden, kommt man auf nur 275 - eine kleine Zahl im Vergleich zu anderen Orden. Durch Reformation, Religionskriege und Türkeneinfall gingen 39 Klöster verloren; Kaiser Joseph II. hob Ende des 18. Jahrhunderts im Namen der Aufklärung weitere 24 Häuser auf.

Den größten Einschnitt aber stellte die Französische Revolution dar. Die meisten Kartäuserkloster außerhalb Frankreichs, darunter alle 18 deutschen, fielen der Säkularisation zum Opfer. Die einzige heutige Kartause in Deutschland ist das 1964 gegründete Männerkloster Marienau in Baden-Württemberg.

Die Kartäuser verstehen sich als "tot für die Welt", um sich im Gebet ganz Gott zu widmen. Sie sind streng darauf bedacht, ihr religiöses Leben vor jeder Störung von außen zu schützen. In einer Art frommer Festung bewohnt jeder der Mönche ein eigenes Häuschen, die zu einem harmonischen Ensemble aneinandergefügt sind.

Strenger Tagesablauf meist im Schweigen

Eine kleine Klappe, durch die ein Laienbruder die karge Mahlzeit in die Zelle reicht. Dazu ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein schmales Bücherbord, ein Gebetsbänkchen, eine Toilette, ein Waschbecken, eine Werkbank, ein Holzstapel sowie ein kleiner Kräutergarten: Das ist das ganze weltliche Reich des Kartäusers. Innerhalb dieser Wände verbringt er den allergrößten Teil seines Lebens.

Es ist eine Verbindung aus Einsiedler- und Gemeinschaftsleben, das einen Ausgleich zwischen geistiger und entspannender körperlicher Tätigkeit anstrebt. Der Tagesablauf ist streng und vollzieht sich meist in Schweigen: private Gebete in der Zelle, gemeinsame Messe, Studium, Handarbeit, Essen in der Zelle. Freitags wird bei Wasser, Brot und Salz gefastet, ebenso wie im Advent und in der Fastenzeit. Fleisch isst der Kartäuser niemals.

Von abends sieben bis morgens sieben gilt das "Große Schweigen". Es ist total - und wie alles im Leben der rund 400 Kartäuser weltweit auf die Versenkung in Gott ausgerichtet. Die Stille ist ihr Schatz, aber auch ihr persönlicher Kreuzweg, den sie als Gebet für die Welt auf sich nehmen - in nunmehr nur noch 21 Klöstern weltweit.

Von Alexander Brüggemann


Bruno der Kartäuser / © Gemeinfrei
Bruno der Kartäuser / © Gemeinfrei
Quelle:
KNA