Jerusalemer Dormitio-Abtei feiert Weihnachten in kleinem Rahmen

"Touristen und Pilger sind enttäuscht"

Dort Weihnachten feiern, wo vor über 2000 Jahren Jesus geboren wurde: In normalen Jahren reisen Christinnen und Christen aus der ganzen Welt ins Heilige Land. Doch auch in diesem Jahr gibt es Beschränkungen, sodass die Besucher weitgehend ausbleiben.

Pater Matthias mit einer meterlangen Schriftrolle mit Namen aus aller Welt / © Andrea Krogmann (KNA)
Pater Matthias mit einer meterlangen Schriftrolle mit Namen aus aller Welt / © Andrea Krogmann ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie sehr macht sich kurz vor Weihnachten in Jerusalem bemerkbar, dass keine Pilger oder Touristen da sind?

Pater Matthias Karl (Benediktiner in der Dormitio Abtei in Jerusalem): Ja, bei uns ist große Traurigkeit aufgekommen, nachdem ja eigentlich angekündigt war, etwa ab November wieder Pilger ins Land zu lassen. Viele hatten tatsächlich gebucht, gar auf das Weihnachtsfest hin. Die Touristen und Pilger sind enttäuscht. Aber auch die einheimischen Christen vor allem, die viel im Tourismus arbeiten, haben sich gefreut, dass zu Weihnachten endlich wieder Arbeitsmöglichkeiten und Verdienstmöglichkeiten aufkommen. Und dem ist leider nicht so. Die Gassen sind leer, die Hotels sind geschlossen, die Restaurants sind nur teilweise geöffnet, die Souvernierläden sind geschlossen. Weihnachtsdekoration hängt zwar, denn die Einheimischen werden Weihnachten feiern, aber eine gewisse Tristesse und Enttäuschung gibt es schon, dass der Tourismus und das Pilgerwesen immer noch nicht starten konnten.

DOMRADIO.DE: Wie ist das denn für Sie, die Benediktiner in der Abtei -  können Sie, abgesehen davon, dass jetzt keine Ausländer ohne Sondergenehmigung da sein dürfen, einigermaßen normal Weihnachten feiern?

Pater Matthias: Ja, als Kloster haben wir große Freiheiten, denn wir haben ja alles im eigenen Haus, unter dem eigenen Dach, auch die Kirche. Und wir werden die Liturgien feiern, mit ganz wenigen Leuten, wohl mit 40 oder 50. Unsere Studenten, die bei uns im Haus leben, die konnten, Gott sei Dank, kommen. Das ist eine Gruppe von 20 Leuten aktuell. Und es gibt in der Stadt auch einige deutsche Volontärinnen und Volontäre und einige deutschsprachige Residenten, die hier in Jerusalem und Umgebung arbeiten, in Schulen und in Stiftungen. Und die haben sich angemeldet für die Heilige Nacht. Und so sind wir eine Gemeindegruppe. Und wir werden gut miteinander feiern.

DOMRADIO.DE: Wie in jedem Jahr pilgern Sie in der Heiligen Nacht von ihrer Abtei zu Fuß nach Bethlehem und tragen eine lange Liste mit Namen dorthin. Was passiert da genau?

Pater Matthias: Wir laden ein, uns Namen von Freunden, von Bekannten zu schicken und Gebetsanliegen auch, die wir alle auf eine große Rolle schreiben. Mit dieser dicken Rolle, im letzten Jahr waren es über 100.000 Namen, pilgern wir den zweistündigen Weg von Jerusalem nach Bethlehem in der Heiligen Nacht, also wirklich von 2 Uhr nachts bis etwa 4 und 5 Uhr morgens und gehen dann in die Grotte, verehren die Geburtsstätte Jesu Christi, beten dort, singen dort und legen auch die dicke Rolle mit den vielen Namen und Gebetsanliegen auf den Stern. Der bekannte Stern markiert den Geburtsort. Wir tragen damit auch einfach die Menschen mit dorthin, die eben nicht die Möglichkeit haben, tatsächlich in der Heiligen Nacht den traditionellen Gedenkort der Geburt Jesu Christi zu besuchen.

DOMRADIO.DE: Am 20. Dezember schließen Sie Ihre Online-Liste. Können sich denn ganz Kurzentschlossene trotzdem noch schnell eintragen?

Pater Matthias: Wir haben dieses Datum natürlich gesetzt, aber wir halten uns selbst nicht daran. Das Online-Formular bleibt aktiv bis zum 24. Dezember und wir rufen auch alle Namen, die noch eingetragen werden bis 24. Dezember ab. Auch alle E-Mails, die uns auf Weihnachtsaktion@dormio.net erreichen, werden wir noch öffnen und den Namen auf die Rolle drucken. Also, herzliche Einladung daran teilzunehmen. Sehr gerne!

DOMRADIO.DE: Tatsächlich kostet das nichts. Das ist ein Geschenk, was Sie da machen. Aber Sie werben trotzdem dafür, die Menschen im Heiligen Land, vor allen Dingen die Christinnen und Christen, zu unterstützen. Wie?

Pater Matthias: Verbunden mit dieser Aktion ist die Einladung, wer immer kann, uns eine Spende zu überweisen. Der größte Teil dieses Geldes geht in Kinder- und Jugendeinrichtungen in Bethlehem, vor allem in heilpädagogische Einrichtungen. Es gibt dort sehr viele behinderte Menschen, und denen wollen wir einfach helfen. Das ist gerade jetzt mit der Pandemie überall noch dringlicher notwendig. Und wir haben schon viele Namen und auch schon ordentlich Spenden bekommen und wir freuen uns einfach, dass wir erneut auch in diesem Jahr mit unserer Aktion Menschen in Deutschland eine Freude machen können, aber auch Kinder, Jugendlichen und Hilfsbedürftigen in Bethlehem und hier im Heiligen Land.

DOMRADIO.DE: Worauf freuen Sie sich jetzt in diesem besonderen Corona-Jahr zu Weihnachten am meisten persönlich?

Pater Matthias: Mein Lieblingsort ist die Geburtsgrotte und ich habe zum allerersten Mal im Jubiläumsjahr 2000 diesen Weg von Jerusalem nach Bethlehem mitmachen können. Und das ist für mich auch der Höhepunkt alle Weihnachtstage, diese fünf Minuten in der Geburtsgrotte und dann das Gebet in einer der Grotten nebenan. Einfach wirklich an dem Ort zu sein, mit meinen Mitbrüdern, mit unseren Studenten, Volontären, eben auch unserer kleinen Gemeinde hier aus Jerusalem. Das ist ein ganz besonderes Erlebnis. Und darauf freue ich mich!

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill (epd)
Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill ( epd )

Schriftrolle der Dormitio-Abtei / © Andrea Krogmann (KNA)
Schriftrolle der Dormitio-Abtei / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
DR