1910 wurde die Kirche der Dormitio geweiht. Seither prägt das deutschsprachige Benediktinerkloster auf dem Zionsberg am Rande der Jerusalemer Altstadt die Silhouette der heiligen Stadt mit. 121 Jahre nach der Grundsteinlegung wird die Abtei nun generalsaniert. "Wer baut, hat den Glauben, dass er bleibt", sagt Pater Basilius Schiel, der von seiner Gemeinschaft mit den Renovierungsarbeiten beauftragt wurde.
Die ersten Wände in der Klausur sind durchbrochen. In der Basilika steht ein Baugerüst und vor der Abtei häuft sich der Schutt. Nach einer längeren pandemiebedingten Verzögerung freuen sich die Benediktiner über den Beginn der Arbeiten. "Der Baulärm und der Staub sind auch ein Zeichen dafür, dass wir als Gemeinschaft in die Zukunft aufbrechen", sagt Pater Basilius.
Beteiligung aus Deutschland
420 Arbeitstage sind für die dringend notwendige Generalsanierung der gesamten Abtei eingeplant, erklärt der Benediktiner. Die Krypta wurde bereits 2018-2019 überholt. "Dass wir nun anfangen können, haben wir besonders dem Auswärtigen Amt zu verdanken", so Schiel.
Die Bundesregierung hatte die Förderung der Abteisanierung ebenso wie notwendiger Maßnahmen an der evangelischen Erlöserkirche in der Altstadt und dem Jerusalemer Wissenschaftszentrum der Evangelischen Kirche in Deutschland vereinbart.
Diözesanbaumeister aus Köln
Mit insgesamt vier Millionen Euro stellt das Auswärtige Amt der Abtei 80 Prozent der für die Arbeiten benötigten Gelder zur Verfügung. Den gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteil von 20 Prozent des Bauvolumens tragen der Deutsche Verein vom Heiligen Lande (DVHL) und der Erzbischöfliche Stuhl von Köln.
Als verantwortlicher Planer der Generalsanierung wurde Diözesanbaumeister Martin Struck von Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki freigestellt. Als Klostergemeinschaft solch "starke und engagierte Partner" zu haben, sei alles andere als selbstverständlich, sagt Schiel. "Nun liegt es an uns, das in uns gesetzte Vertrauen mit Leben zu füllen."
Hoffen auf eine Zukunft
Was bedeutet benediktinische Gastfreundschaft in einer religiös wie politisch schwierigen Stadt wie Jerusalem? Diese Frage steht für den Benediktiner in vielerlei Hinsicht über dem gesamten Projekt. Wie eine Wette auf die Zukunft wirkt es, dass im Klausurbereich weit mehr Zellen renoviert werden, als die Gemeinschaft momentan belegen kann. Doch Pater Basilius ist überzeugt: "Es wird weiterhin Menschen geben, die Interesse haben, mit uns an diesem heiligen Ort, dauerhaft oder für eine gewisse Zeit zu leben."
Diese Offenheit soll sich architektonisch in der Neugestaltung des Kirchenraums niederschlagen. Die in den 1970er Jahren zugemauerten Seiten des Chorraums werden geöffnet und damit wird vom Altarraum aus wieder der Blick bis zum Abendmahlssaal frei.
Anstelle des provisorischen Holzaltars der letzten Jahrzehnte kommt ein fester Steinaltar, um den herum das Chorgestühl stehen wird. Pater Basilius freut sich: "Das Erscheinungsbild der Basilika wird insgesamt freier, luftiger, heller und somit auch einladender."
Für Dialog und Versöhnung
Momentan wird vor allem im Eingangsbereich der Abtei gebaut. Er soll barrierefrei werden. Der Zugang zur Basilika dürfte zwar über Monate für Besucher gesperrt sein, aber sollte Israel demnächst Pilger wieder einreisen lassen, soll möglichst schnell ein problemloser Zugang zur Krypta geschaffen werden. "Wir hoffen, bald – auch während der Generalsanierung - wieder Pilgerinnen und Pilger im Heiligen Land am Ort der Entschlafung Mariens und des Pfingstwunders begrüßen zu dürfen."
Zu besonderen Begegnungen kommt es auf dem Zionsberg unterdessen schon in dieser Zeit des Wartens, sagt Pater Basilius. Schon immer hat die Abtei den Anspruch gehabt, nicht nur Ort des Gebetes, sondern auch ein kultureller Standort zu sein, der Dialog und Versöhnung ermöglicht.
Die Generalsanierung beflügelt auch diesen Aspekt: Mönche, Planer und Bauarbeiter bilden ein interreligiöses Team. Basilius Schiel: "Wir erleben, wie Menschen, die die Dormitio-Abtei vorher zum Teil gar nicht kannten, den Ort mitgestalten. Eine der entscheidenden und wichtigen Ingenieurinnen ist zum Beispiel eine Muslimin. Unsere Gespräche und Fragen sind für beide Seiten sehr interessant."