DOMRADIO.DE: Bisher kennt man Sie als Mahner und Sparer hinsichtlich knapper werdender Finanzmittel. Jetzt werden Befürchtungen laut, dass im Erzbistum nicht sorgfältig mit Geld umgegangen wird. Was löst diese Diskussion bei Ihnen aus?
Gordon Sobbeck (Finanzdirektor und Ökonom im Erzbistum Köln): Ich fühle mich ein wenig wie in einer Zeitmaschine. In Limburg habe ich ja schon einmal erlebt, wie sensibel die Öffentlichkeit auf Fragen der Bistumsfinanzen reagiert und das ist ja auch richtig so. Deswegen ist mir Transparenz fundamental wichtig.
DOMRADIO.DE: Es war zu lesen, dass Sie deswegen Selbstanzeige in Rom erstattet haben? Ist das so?
Sobbeck: Nein, das nicht korrekt. Als Ökonom berichte ich an den Apostolischen Administrator. Und genau das habe ich gemacht, als für mich der Verdacht im Raum stand, dass Gremien bei der Auftragsvergabe möglicherweise nicht den Regeln entsprechend befasst wurden.
DOMRADIO.DE: Regeln gibt es viele. Um welche geht es genau?
Sobbeck: Konkret geht es um Canon 1277 CIC in Verbindung mit der Partikularnorm 18 der Deutschen Bischofskonferenz. Nach dieser Norm ist der Abschluss von Kauf- und Werkverträgen in einer Höhe ab 500.000 Euro ein so genannter Akt der außerordentlichen Vermögensverwaltung. Daraus folgt, dass zwei Gremien ihre Zustimmung erteilen müssen: Vermögensrat und das Konsultorenkollegium – letzteres ist in Deutschland das Domkapitel.
DOMRADIO.DE: Was hätte also passieren müssen?
Sobbeck: Zunächst: Man muss hier deutlich trennen zwischen der Mittelbereitstellung, die ordnungsgemäß erfolgt ist und der Vergabe einzelner Aufträge. Genau hier liegt der Knackpunkt. Beide Gremien müssen dem Abschluss eines Vertrages zustimmen, wenn dieser bestimmte Kriterien erfüllt, so wie es im CIC und der Partikularnorm steht.
DOMRADIO.DE: Und um welche "Auftragsvergaben" geht es?
Sobbeck: Ich habe dem Apostolischen Administrator und seinem Delegaten dringendst empfohlen, die drei größten Aufträge im Zusammenhang mit der Unabhängigen Untersuchung zivil- und kirchenrechtlich prüfen zu lassen. Das ist von beiden auch umgehend in die Wege geleitet worden.
DOMRADIO.DE: Herr Sobbeck, Hand auf‘s Herz: Warum ist das erst so spät im Prozess aufgefallen?
Sobbeck: Jeder Vertrag ist unterschiedlich zu beurteilen. Die mir zur Verfügung stehende haushalterische Sicht reicht in der Regel nicht aus, um schon sagen zu können, ob und welche Gremien zustimmen müssen. Dazu ist zudem eine genaue Kenntnis von Art und Umfang der Verträge notwendig, die mir im konkreten Fall nicht vorlagen und nicht vorliegen. Letztlich muss ein Vertrag vor Abschluss auch rechtlich geprüft werden, um die Einhaltung der Normen sicherzustellen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ob sich bei der Vertragsumsetzung Nachträge ergeben, die dazu führen, dass sich später eine Genehmigungspflicht ergibt.
Meine Aufgabe in den vergangenen Tagen war es, die Ist-Ausgaben der Unabhängigen Untersuchung zusammenzustellen. Aufgrund der Bedeutung und der Sensibilität des Themas war mir wichtig, anzustoßen, dass hier auch in Bezug auf die Verfahrensweise Klarheit geschaffen wird.
DOMRADIO.DE: Schon vor über einem Jahr, als bekannt wurde, dass das Erzbistum Köln ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben hat, wurden in der Öffentlichkeit viele Fragen nach den Kosten laut. Hätten Sie damals nicht wenigstens die Kosten des ersten Gutachtens oder die Auftragsvergabe des zweiten Gutachtens prüfen müssen?
Sobbeck: Die Frage der Kosten ist in den zuständigen Gremien transparent gemacht worden und entsprechende Haushaltsmittel wurden im Rahmen der geltenden Regelungen veranschlagt. Das sind Pflichten aus meinem Aufgabenbereich. Eine rechtliche Prüfung eines Vertrages vor Abschluss ist natürlich notwendig und diese entscheidet letztlich über das notwendige Verfahren.
DOMRADIO.DE: Wie geht es jetzt weiter?
Sobbeck: Der Apostolische Administrator hat umgehend zwei externe Kirchenrechtler mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragt und den Heiligen Stuhl in Rom in Kenntnis gesetzt. Sobald die Ergebnisse vorliegen, sollen diese umfassend in Rom vorgelegt werden. Über weitere Schritte wird dann dort entschieden.
DOMRADIO.DE: Sehen Sie bei all dem Nachholbedarf beim Thema Transparenz?
Sobbeck: Das beste Kontrollsystem wird nie verhindern können, dass Regelverstöße vorkommen. Wichtig ist, wie man dann damit umgeht. Beim Thema Transparenz gilt es kontinuierlich dranzubleiben. Deshalb engagiere ich mich in diesem Bereich auch über das Erzbistum hinaus. Zuletzt haben wir auf Ebene der Bischofskonferenz das Thema Governance und Compliance gesetzt und einen Leitfaden dazu veröffentlicht. Wir sind dabei, diesen in Köln umzusetzen.