DOMRADIO.DE: Dieser Sonderfonds ist für besondere Bedürfnisse des Bistums bestimmt. Die Missbrauchsaufarbeitung kann bestimmt als besonders wichtige Aufgabe angesehen werden. Für eine solche Aufgabe ist ein Sonderfall doch angebracht. Da kann man doch eigentlich erst mal nichts gegen sagen, oder?
Professor Ulrich Hemel (Vorsitzender des "Bund Katholischer Unternehmer"): So ist es. Es gab ja im Vorfeld eine lange Diskussion darüber, dass die Missbrauchsopfer nicht aus Kirchensteuermitteln entschädigt werden sollten, weil eben der normale Kirchensteuerzahler und die normale Kirchensteuerzahlerin damit nicht unbedingt etwas zu tun haben. Deswegen war die Forderung an die Bischöfe, andere Wege der Finanzierung zu finden. Die gibt es auch. Denn fast alle Bistümer haben solche Sonderfonds. Meistens nennt man das das Vermögen des Bischöflichen Stuhls.
DOMRADIO.DE: Diese Ausgaben von 2,8 Millionen Euro, das ist natürlich viel Geld. Aber wenn man sich diese einzelnen Posten anschaut, sind das Ausgaben, die auch in der freien Wirtschaft anfallen würden. Die Stundensätze für Kommunikationsberater sind nun mal so hoch. Die haben ja keinen Fantasie-Betrag vom Erzbistum gefordert, oder?
Hemel: Überhaupt nicht. Das sind so gesehen völlig normale Vorgänge. Die Frage hier ist die Frage nach Transparenz und nach angemessener Kontrolle. Es geht nicht darum, dass Mittel ausgegeben werden. Das passiert, das muss ja auch sein. Sondern es geht darum, dass es Verfahren geben muss, die sofort transparent sind und die nicht erst hinterher kommen. Es ist wichtig das in allen Diözesen umzusetzen, nicht nur in Köln. Es gibt ja auch andere Diözesen, die Erfahrung mit solchen Gutachten haben.
DOMRADIO.DE: Jetzt sind für die Finanzen eines Bistums oft Generalvikare zuständig. Das sind Priester mit nicht zwingend spezieller Managerausbildung. Könnte man nicht auch sagen, das liegt daran, dass die in ihrem Amt überfordert sind, gerade wenn es um so große Bistümer wie Köln mit so einem großen Haushalt geht?
Hemel: In vielen Fällen mag es so sein, in Köln ist es nicht so. Köln hat einen sehr gut qualifizierten Finanzdirektor und auch andere Diözesen haben einen eigenen Finanzdirektor. Wichtig ist hier aber, dass Menschen nicht schalten und walten können, wie sie wollen. Das war auch in Köln so nicht, sondern, es gibt geeignete Verfahren, um sich als Gremium zusammenzusetzen, und zu sagen "Was sollen wir tun? Wie wollen wir entscheiden? Stimmen wir der Sache zu? Haben wir den Überblick von Anfang an und nicht erst hinterher?"
DOMRADIO.DE: Was im Erzbistum Köln ja nun geprüft werden soll. Auch andere Bistümer haben vergleichbar hohe Summen für solche Gutachten ausgegeben. Zum Beispiel das Erzbistum München-Freising. Ist es nicht seltsam, dass hier wieder Köln im Fokus steht?
Hemel: Hier gibt es eine doppelte Betrachtung. Man könnte jetzt sagen, Köln hat die Zahl öffentlich gemacht. Dadurch setzt sich Köln der Kritik aus. München hat die Zahl noch nicht öffentlich gemacht. Was nicht öffentlich ist, wird auch nicht automatisch kritisiert. Also von daher gesehen kann man das durchaus so betrachten. Aber nur wenn man die Dinge anspricht, können sie öffentlich diskutiert werden. Das ist auch ein Nutzen für die Kirche selbst, denn nur dadurch können wir uns so schärfen, dass wir am Ende geeignete Verfahren haben. Insofern ist es ein einzelner Vorgang, der in der Zielrichtung dahin geht, dass wir bessere Verfahren haben, um über finanzielle Mittel in den Bistümern zu entscheiden.
Das Interview führte Hannah Krewer.