Bischöfe und Betroffene uneins über Geldleistungen nach Missbrauch

"Unverständnis und Empörung"

Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben einige Verbesserungen beim Verfahren zur Anerkennung des Leids von Opfern sexualisierter Gewalt zugesagt. Grundsätzlich wollen sie aber am bestehenden System festhalten.

Autor/in:
Christoph Arens
Gerechtigkeit für Missbrauchsopfer / © r.classen (shutterstock)
Gerechtigkeit für Missbrauchsopfer / © r.classen ( shutterstock )

Dies beschloss der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag in Würzburg. Die finanziellen Leistungen sollen nicht aufgestockt werden. Damit wird einem zentralen Kritikpunkt der Betroffenen nicht entsprochen, wie aus der in Bonn veröffentlichten Pressemitteilung hervorgeht. Der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz äußerte in einer ersten Reaktion "Unverständnis und Empörung".

Zuvor hatten sich Vertreter der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), des Betroffenenbeirats, der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) und der Bischofskonferenz zweimal zu Gesprächen getroffen. "Die Gespräche waren konstruktiv und in wichtigen Punkten konnte Übereinkunft zur Verbesserung des Verfahrens erreicht werden. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Positionen zur Höhe der Leistungen nicht vereinbar sind", heißt es in der Mitteilung der Bischöfe.

Betroffene können künftig Widerspruch einlegen

Als konkrete Verbesserungen nannte die Bischofskonferenz, dass Betroffene künftig gegen die Leistungshöhe einmaligen Widerspruch einlegen können. Auch stocken die Bischöfe die Geschäftsstelle und die Kommission für Anerkennungsleistungen personell weiter auf. Somit könne eine dritte Kammer eingerichtet werden, in der Anträge entschieden werden. Das solle zu einer Verkürzung der Bearbeitungsdauer führen. 

Zur Höhe der Anerkennungsleistungen heißt es, die Zahlungen lehnten sich an die Schmerzensgeldzahlungen staatlicher Gerichte an. "Dabei wurde bewusst entschieden, dass sich die Leistungen am oberen Bereich der Schmerzensgeldtabellen orientieren und in besonderen Fällen auch deutlich darüber hinausgehen können", so die Bischöfe.

Scharfe Kritik an der Nicht-Erhöhung der Leistungen

Der Betroffenenbeirat erklärte dazu, zwar gebe es einige Verbesserungen. Die Bischöfe seien aber offenkundig nicht bereit, in entscheidenden Fragen auf die Betroffenen zuzugehen. Scharf kritisierte der Beirat das Nein zu einer Erhöhung der finanziellen Leistungen: "In Anbetracht von niedrigen Leistungen, von zahlreichen Retraumatisierungen, unter anderem durch Antragstellung und Bescheide ausgelöst, klingt das erneute Festhalten am bestehenden Anerkennungssystem wie blanker Hohn und Zynismus." 

Mit Blick auf Verbesserungen betont der Betroffenbeirat, selbst die personelle Aufstockung der UKA bringe keine kurzfristigen Effekte: "Es wird wohl weitere 12 Monate dauern, um die bisher aufgelaufenen Anträge abgearbeitet zu haben." Die Einrichtung einer Widerspruchsstelle sei lediglich Ausdruck üblicher rechtsstaatlicher Verfahren, heißt es weiter. Eine Begründung der Entscheidungen der UKA werde aber weiter ausbleiben.

Angesichts der Entscheidungen der Bischöfe empfindet der Betroffenenbeirat die Bitte zur Weiterführung der Gespräche als "empörende und inhaltsleere Nebelkerze". Der Beirat werde noch darüber beraten, ob dieses Gesprächsangebot angenommen werde.

Höhe der Anerkennungsleistung individuell festgelegt

Im September 2020 hatten die Bischöfe das seit 2018 bestehende System der "Anerkennungsleistungen" für Betroffene sexualisierter Gewalt grundsätzlich reformiert. Wer als Kind und Jugendlicher Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter erlebt hat, soll seit Januar 2021 je nach Schwere des Falls ein bei Gerichtsverfahren übliches Schmerzensgeld von bis zu 50.000 Euro erhalten. Zugleich wurde die Unabhängige Kommission (UKA) aus Juristen, Pädagogen, Medizinern und Psychologen gegründet, die die Höhe der Leistungen individuell festlegt.

In den vergangenen Monaten hatte der Betroffenenbeirat gefordert, das Verfahren noch einmal grundlegend zu reformieren. Es führe zu zahlreichen Retraumatisierungen bis hin zu Krankenhausaufenthalten, gehe zu langsam und sei intransparent und ungerecht. Viele Bescheide fielen "für die Beteiligten unverständlich und unangemessen gering" aus. Daraufhin wurden das Personal der Kommission erstmals aufgestockt, die Arbeitsformen beschleunigt und die Tagungsintervalle verkürzt.


Der "Ständige Rat" tagt im Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg / © Harald Oppitz (KNA)
Der "Ständige Rat" tagt im Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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