Trierer Missbrauchsbetroffene kritisieren UKA-Entschädigung

"Völlig unzureichend"

Missbrauchsbetroffene im Bistum Trier haben das Vorgehen der katholischen Kirche bei der Entschädigung von Opfern sexueller Gewalt kritisiert. "Nehmt der Kirche die Aufarbeitung und Entschädigung endlich aus den Händen."

Protest gegen kirchlichen Umgang mit Missbrauch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Protest gegen kirchlichen Umgang mit Missbrauch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Das forderte der Verein "Missbrauchsopfer und Betroffene im Bistum Trier" (Missbit) am Donnerstag. Das Verfahren müsse "mit Betroffenenbeteiligung komplett in eine staatliche Kommission gegeben werden". Ein "opfergerechtes Entschädigungssystem" müsse geschaffen werden. Das sei bei der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) nicht der Fall.

Die UKA hatte am Freitag erstmals einen Jahresbericht vorgelegt. Demnach hat das Gremium im vergangenen Jahr knapp 9,4 Millionen Euro an Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche ausgezahlt.

949 Anträge unerledigt

Zwischen Januar und Dezember seien 1.565 Anträge eingegangen. Davon weist der Bericht 616 als erledigt aus, 949 blieben noch unerledigt. Bei 606 Anträgen entschied die UKA auf eine Anerkennungsleistung. In 268 Fällen blieb die Leistungshöhe unter 10.000 Euro, in 47 Fällen überschritt sie die Schwelle von 50.000 Euro.

Missbit kritisierte die Aussage der UKA-Vorsitzenden Margarete Reske, man orientiere sich an von Gerichten ausgesprochenen Schmerzensgeldern. Die Heranziehung der staatlich-gerichtlichen Entscheidungen sei "irreführend und nicht statthaft", so Missbit.

Diese Schmerzensgelder würden vor Gericht "verhandelt", müssten begründet werden und seien anfechtbar. Betroffene hätten vor Gericht mit anwaltlicher Hilfe eine Einflussmöglichkeit - anders als bei der UKA, so Missbit.

"Völlig unzureichend"

Zivilrechtliche Entschädigungsentscheidungen seien in der Regel recht nahe an die Missbrauchstat gebunden. Die UKA-Entscheidungen kämen aber teils 60 Jahre danach. Das bedeute, dass bei der UKA "die lebenslange Schädigung überhaupt nicht in die Entschädigungsleistungen einbezogen wird".

Die gewährten Leistungen seien daher mit Blick auf häufige Missbrauchsfolgen wie verbaute Berufswege, Bindungsunfähigkeiten, chronische Krankheiten oder Suizidversuche "völlig unzureichend".

Bischof Wilmer für größere Rolle des Staates bei Missbrauchsaufarbeitung

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer plädiert dafür, dass der Staat eine größere Rolle bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in seiner Kirche übernimmt.

Wenn die Staatsanwaltschaften noch stärker als jetzt die Initiative dazu übernehmen wollten, sei er sofort dazu bereit, sagte Wilmer in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er begrüße es, dass die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag die Aufarbeitung zumindest begleiten und kontrollieren wolle.

Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA