Trump und die amerikanischen Katholiken

"Die Kirche soll sich heraushalten"

Fast die Hälfte der Katholiken in den USA hat Trump gewählt. Die anderen gehen auf Gegendemonstrationen. Jesuitenpater und Journalist Thomas Reese wirft einen kritischen Blick auf Präsident Trump.

Amtseinführung von Donald Trump / © Patrick Semansky (dpa)
Amtseinführung von Donald Trump / © Patrick Semansky ( dpa )

Die Katholiken Amerikas sind gespalten. Die Mehrheit der weißen Katholiken unterstützte Trump gerade wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber Immigranten und fremder Einflussnahme.  Die Mehrheit der Katholiken spanischer Herkunft hat aber genau deshalb gegen ihn gestimmt. Viele von ihnen sind selbst als Immigranten nach Amerika gekommen.

Interessanterweise spielt für das politische Verhalten der amerikanischen Katholiken die Haltung von Papst Franziskus keine Rolle, erklärt Jesuitenpater Reese: "Katholiken folgen nicht den Bischöfen oder dem Papst,  wenn es um Politik geht. Die meisten wählen die Partei, die ihnen persönlich nützt." So hat Trump viele katholische Wähler aus der Arbeiterschaft gewonnen, die sich nach der Rezession als Verlierer der Globalisierung fühlten und ihre Jobs verloren haben. Trump als Retter des amerikanischen Traums kam auch für sie gerade richtig. Seine Parole "America first" ist ihnen wichtiger als Gebot der Nächstenliebe, wie Papst Franziskus sie predigt.

Gesundheitssystem in den USA

Ein großes Thema in den USA ist die Gesundheitsreform Obamas, die Trump eindampfen will. Die Catholic Health Association ist deswegen hoch alarmiert. Millionen Menschen, die durch "Obama-Care" endlich eine medizinische Versorgung hatten, könnten bald ohne dastehen.  Auch katholische Krankenhäuser, Ärzte und andere Sozialeinrichtungen sind bedroht, weil viele ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können. Die amerikanische Bischofskonferenz bezieht in dieser Frage seit mehr als 80 Jahre eine klare Position: alle Menschen sollen ein Recht auf medizinische Versorgung haben. Was die amerikanischen Bischöfe aber ablehnen, ist Verhütung auf Krankenschein.  Trumps Versprechen an seine Wähler, die medizinische Versorgung sogar billiger zu machen, halten Gesundheitsexperten in den USA indes für unmöglich. Eines von vielen Beispielen, in denen Trump etwas behauptet, was er nicht einlösen kann.

"Du sollst nicht lügen"

Pater Reese ist äußerst skeptisch, ob Trump vertrauenswürdig ist. Seine Geschäftspraktiken der letzten Jahre gäben genug Anlass, ihm nicht zu vertrauen: "Keine Bank wollte ihm Kredit geben, weil er seine Rechnungen nicht bezahlt hat." Doch Trump hört nicht auf, leichtfertig Unwahrheiten in die Welt zusetzen. Darin sieht Pater Reese eine große Gefahr: "Wer dauernd lügt, dem glaubt keiner mehr, selbst wenn er die Wahrheit sagt." Ein dünnhäutiger Präsident der Vereinigten Staaten, der ständig übertreibt, und bei dem man nie weiß, was er wirklich meint, gibt großen Anlass zur Sorge – innenpolitisch wie außenpolitisch, so Reese. 

In einem halben Jahr

Die nächsten sechs Monate sind entscheidend, glaubt Reese. Dann werde sich zeigen, ob Trump nur ein eitler Selbstdarsteller bleibt und über Tweets kommuniziert, oder ob er beginnt, ein seriöser Präsident zu sein. Für Pater Reese ist aber klar: die Protestbewegung darf sich nicht auf Karikaturen und Witze beschränken. Vor allem müssen sich die Amerikaner organisieren und Wähler für die anstehenden Wahlen  mobilisieren, damit es ein Gegengewicht zu Trump gibt.

Reese ist strikt gegen eine politische Einflussnahme der amerikanischen Bischofskonferenz: "Priester sind nicht klüger als andere, und die Gläubigen sind keine Kinder, die von ihren Vätern politisch angeleitet werden müssen." Aber Bischöfe und Priester haben das Recht, das Evangelium zu verkünden.  In Matthäus 25 vom Weltgericht stehe doch eindeutig, dass die Menschen nach ihrem Einsatz für die Armen, Hungrigen und Fremden von Gott beurteilt werden. Jetzt ist es an den Gläubigen, eine Entscheidung zu treffen.


Der amerikanische Jesuitenpater Thomas J. Reese, SJ. / © Thomas Reese SJ
Der amerikanische Jesuitenpater Thomas J. Reese, SJ. / © Thomas Reese SJ
Quelle:
DR