Schäuble hatte angesichts der Einschränkungen vieler Grundrechte gesagt, dem Schutz von Leben dürfe nicht alles untergeordnet werden. Das sei "in dieser Absolutheit nicht richtig", betonte Schäuble gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel".
"Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen." Wichtige Themen seien neben der Corona-Pandemie auch der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt und "all die Schäden, die wir Menschen und vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun".
Overbeck für offene Diskussion
Bischof Overbeck halte es in der Corona-Krise nicht nur für unangemessen, sondern sogar für gefährlich, unter Verweis auf einen absolut übergeordneten Schutz des Lebens "jede weitere notwendige Diskussion moralisch von vornherein unmöglich zu machen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Overbeck lobte Schäubles Äußerungen als "differenziertes Bild der gegenwärtigen sehr komplexen Lage". Es brauche den "Mut, offen zu benennen, dass es keine einfachen und unstrittigen Wege aus der Krise geben wird".
Ethikrat meldet sich zu Wort
Die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Christiane Woopen, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" zu Schäubles Beitrag: "Die Corona-Krise stößt uns mit Wucht auf Themen, die für unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem fundamental sind."
Jetzt sei die Zeit, "neu und vertieft darüber nachzudenken, wie wir unsere Zukunft gestalten möchten", erklärte die Kölner Medizinethikerin, die auch dem "Expertenrat Corona" der nordrhein-westfälischen Landesregierung angehört.