Die Bedeutung der Sonne auch im Corona-Winter

Überlebenswichtige Strahlkraft

In Coronawinter-Zeiten ist sie noch viel wichtiger als sonst schon. Jede Sonnenstunde zählt. Kulturen aller Zeiten wussten bereits, was sie alles an der Sonne haben. Ihrer Spenderin von Leben und Tod.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Sonne scheint durch das Blätterdach / © Roman Mikhailiuk (shutterstock)
Sonne scheint durch das Blätterdach / © Roman Mikhailiuk ( shutterstock )

Wenn die Sonne scheint, freuen sich die Menschen. Dann geht das Leben leichter von der Hand - erst recht im Winter und noch mehr im Corona-Winter. Für traditionell bäuerische Gesellschaften wie die unsere ist die Bindung an unseren nächstgelegenen Stern schon rein instinktiv eine Frage von Leben oder Tod.

Bonjour tristesse! Wer morgens im Dunkeln zur Arbeit fährt und nachmittags im Dunkeln zurück, kann sich der Grundstimmung nur schwer entziehen: Energie- und Konzentrationsverlust, Müdigkeit, Antriebsarmut. Von "Lichtmangel-Depression" spricht die Medizin, von «Winter-Blues» der Volksmund.

Schon Hippokrates wusste vom Energiesparmodus

Beschrieben hat diesen natürlichen Energiesparmodus schon im 4. vorchristlichen Jahrhundert der berühmteste Arzt der Antike, Hippokrates von Kos. Er sah in jeder Krankheit eine unzureichende Anpassung des Menschen an die Jahreszeiten.

Aber mit Verlaub: Er saß immerhin in Griechenland ... Ohne Sonnenlicht gibt es keine Photosynthese; kein Pflanzenwachstum; mithin keine Nahrung für Mensch und Vieh. Umgekehrt: Bei zu viel Sonne herrscht Dürre; kein Pflanzenwachstum; keine Nahrung für Mensch und Vieh; Versteppung, Wüste, Wirbelstürme.

Spenderin von Leben und Tod

Die Kulturen aller Zeiten wussten, was sie an der Sonne haben - ihrer Spenderin von Leben und Tod. Frühe Gesellschaften haben die Sonne sogar als Gottheit verehrt: die Ägypter etwa, bei denen Re oder Ra als der Lenker aller Geschicke galt.

Bei den Sumerern hieß der Sonnengott Utu, bei den Babyloniern Schamasch; seinen Strahlen blieb nichts auf Erden verborgen. Die Inka-Herrscher in Peru ließen sich als "Söhne der Sonne" verehren; bei den Azteken in Mexiko hieß der Hauptgott zungenbrecherisch Huitzilopochtli - er leitete das Superministerium für Sonne und Krieg.

Wenn der Drache die Lichtkugel schluckt

Wie furchteinflößend müssen in solchen Kulturen Sonnenfinsternisse gewesen sein? Im Alten China glaubte man, ein böser Drache habe die Sonne verschluckt - und machte einen Höllenlärm, um ihn zu verscheuchen und ihre Herausgabe zu erzwingen.

Furcht gegen Furcht. Zurück im Mittelmeerraum und in Griechenland begegnen wir dem Gott Helios, der mit seinem Sonnenwagen Tag für Tag das Firmament abfuhr. Welch ein Traum für dunkeldeutsche Winterdepressive - die zwar als kriselnde Exportweltmeister jede Menge Wagen anzubieten haben, sogar Cabrios; aber eben keine Sonne.

"Sol invictus"

Die Kultfigur Helios zog als Wanderer zwischen den Welten unter dem Namen "Sol Invictus" auch ins späte römische Kaiserreich ein - wo er im 4. Jahrhundert schließlich von Christus, der "Sonne der Gerechtigkeit", abgelöst wurde.

Die Beobachtung der Sonne und ihres Verlaufs ist in allen Kulturen die Grundlage zur Berechnung und Niederlegung lebenswichtiger Zyklen in "Kalendern" gewesen: Jahreszeiten, Flutzeiten und Dürren, Aussaat, Erntezeiten und Brachen.

Steinkreise und Himmelsscheibe

Entsprechende Monumente archaischer Kulturen geben uns bis heute Rätsel auf: Steinkreise wie im englischen Stonehenge etwa oder die Himmelsscheibe von Nebra.

Spätestens seit der exponentiellen Fortschritte der Astronomie im 20. Jahrhundert wissen wir, dass unsere vermeintlich göttliche "Sonne" nur ein höchst unbedeutender Mini-Stern inmitten Milliarden anderer in einer wiederum unbedeutenden Balkenspiralgalaxie namens «Milchstraße» am Rande des Universums ist.

Das könnte uns doch eigentlich beruhigen angesichts des miesen Wetters dieser Tage. Tut es aber nicht. Ein weiterer Beleg unserer Kleinheit und Ich-Bezogenheit. Nur wenn sie scheint, geht uns unser kleines Leben tatsächlich leichter von der Hand ...


Quelle:
KNA