Wiederholt hatte der Prager Erzbischof Dominik Duka Papst Franziskus um seine Versetzung in den Ruhestand gebeten. Ende April beging der Kardinal immerhin bereits seinen 79. Geburtstag.
Nun ist die Entscheidung über seinen Nachfolger gefallen. Und die wird in Prag mit einiger Überraschung zur Kenntnis genommen: An die Stelle Dukas tritt der bisherige Erzbischof von Olomouc (Olmütz) und Metropolit von Mähren, Jan Graubner.
An der Basis nicht unumstritten
Duka konnte sich am Freitag zwar vieler warmer Worte aus der politischen Szene in Prag für seinen Einsatz beim Zusammenhalt der tschechischen Gesellschaft erfreuen. Aber an der Basis war er alles andere als unumstritten. Dort maß man Duka an dessen Vorgänger Miloslav Vlk, der sich bis zum letzten Atemzug mit den Mächtigen in der Prager Politik angelegt hatte, um für die Kirche die bestmögliche Lösung im über Jahrzehnte andauernden Restitutionsstreit mit dem Staat herauszuholen.
Duka war für die staatliche Seite vergleichsweise ein Leichtgewicht.
In der guten Absicht, den erbittert geführten Streit um das in den 50er Jahren von den damals herrschenden Kommunisten konfiszierte Eigentum der Kirchen und Religionsgemeinschaften endlich zu beenden, war er zu jedem Kompromiss bereit. Ob das Ergebnis tragen wird, kann erst nach 2030 abschließend beurteilt werden. Dann soll die Trennung von Staat und Kirche in Tschechien endgültig vollzogen sein. Die Kirche muss dann mit ihrem Eigentum allein wirtschaften und damit auch die Priester allein entlohnen.
Katholische Laien hatten 2018 den Papst aufgefordert, Duka in den Ruhestand zu schicken, weil der Dominikaner eine "zu große Nähe von Kirche und Staat" zulasse. Außerdem beklagten sie bei ihm eine Neigung "zu Nationalismus und zu Rechtsextremen".
Andere Haltung bei der Flüchtlingskrise 2015 als der Papst
Duka selbst räumte ein, er nehme in der Flüchtlingskrise nach 2015 eine andere Haltung als der Papst ein. Seine Kritiker wurden da sehr viel deutlicher, warfen Duka eine "unkritische Unterstützung des islamophoben Präsidenten Milos Zeman" vor, der die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien und anderen Kriegsländern kategorisch abgelehnt hatte.
Vorwürfe musste sich der scheidende Prager Erzbischof auch wegen seiner diffusen Haltung zum Missbrauch in der katholischen Kirche gefallen lassen.
Menschen, die Duka näher kannten, verorteten den Grund für seine Nähe zur Politik auch in seiner gemeinsamen Zeit als Dissident in einem Gefängnis mit dem späteren ersten Nachwende-Präsidenten Vaclav Havel.
Duka hat in Medienauftritten wiederholt mit Dankbarkeit an diese gemeinsame, schwere Häftlingszeit erinnert. Von Zeman hat sich Duka später distanziert, weil der dem Gedenkgottesdienst für den aus Rom nach Prag zurückgeholten Leichnam von Kardinal Josef Beran demonstrativ ferngeblieben war. Angesichts des derzeitigen Ukraine-Krieges nannte Duka die Unterstützung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. für Wladimir Putin "eine Tragödie".
Dukas Nachfolger im Prager Erzbischöflichen Palais, Jan Graubner, wird nach allgemeiner Einschätzung in Prag kein leichtes Erbe übernehmen. Politiker äußerten in ihren Glückwunschschreiben die Hoffnung, dass er die Arbeit von Duka kontinuierlich fortsetzen werde. Graubner muss sich vor allem der Tatsache stellen, dass die Zahl der Gläubigen rückläufig ist - und das in einem Land, das ohnehin schon als reichlich säkularisiert gilt.
Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz
Da der zum konservativen Flügel der katholischen Kirche gehörende Graubner derzeit (nach 2000-2010) bereits zum zweiten Mal Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz ist, erscheint seine Ernennung nicht völlig unlogisch. Überraschend kommt sie dennoch, ist er doch schon 73 Jahre alt und muss in zwei Jahren dem Papst laut Kirchenrecht seinen Rücktritt anbieten. An der Basis hatten jüngere Bischöfe bessere Karten, etwa Jan Vokal aus Hradec Kralove (Königgrätz) oder der überaus beliebte Tomas Holub aus Pilsen, der kürzlich mit einem Fernsehinterview zum Ukraine-Krieg regelrecht für Furore sorgte.
Graubner, der aus Brünn stammt, empfing 1973 die Priesterweihe und wirkte zunächst als Seelsorger in der Mährischen Walachei. 1990 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof des Bistums Olmütz, 1992 wurde er dort Erzbischof. 2020 überstand Graubner eine schwere Covid-Infektion nur knapp. Vielleicht ein Zeichen seiner Widerstandsfähigkeit.