Kalenderreformen stürzten in der Geschichte manche Kirche in eine schwere Krise. Wann Weihnachten und Ostern gefeiert werden soll - darüber können Christen durchaus emotional streiten. Ziemlich problemlos entschieden sich nun hingegen die ukrainischen Bischöfe der griechisch-katholischen Kirche für die Einführung des sogenannten Neujulianischen Kalenders zum 1. September. Die mit dem Papst in Rom verbundene Kirche feiert also Weihnachten von nun an 13 Tage früher als bisher: am 25. Dezember statt am 7. Januar.
Julianischer Kalender ist Geschichte
Der auf Julius Caesar zurückgehende Julianische Kalender ist für sie damit Geschichte. Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (UGKK) orientiert sich bei ihrer Reform an den Beschlüssen einer orthodoxen Konferenz von 1923 in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Auf Initiative des damaligen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Meletios VI., revidierten seinerzeit mehrere Kirchen den alten Julianischen Kalender, weil dieser nach 128 Jahren einen ganzen Tag langsamer ist als die wirkliche Umlaufdauer der Erde um die Sonne. Sie verständigten sich auf den Neujulianischen Kalender, der vom serbischen Astronomen und Mathematiker Milutin Milankovic (1879-1958) entwickelt wurde.
Er stimmt in den kommenden fast 700 Jahren überein mit dem Gregorianischen Kalender. Dieser gilt international in den meisten Kirchen, auch in der römisch-katholischen. Erst im Jahr 2800 wird er sich von dem Kalender unterscheiden, den 1582 Papst Gregor XIII. beschloss. Der Neujulianische Kalender sieht dann nämlich keinen Schalttag 29. Februar vor; er gilt deshalb als genauer als der westliche Kalender.
Andere Daten für Feiertage
Den orthodoxen Kirchen lag auch daran, ihren Kalender nicht nach einem römischen Papst zu benennen. Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Zeitrechnungen ist allerdings: Auch beim Neujulianischen Kalender werden die beweglichen Feste, allen voran Ostern und Pfingsten, auf alte julianische Weise berechnet. Somit wird die griechisch-katholische Kirche Ostern in den meisten Jahren nicht am selben Tag feiern wie die römisch-katholische.
Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk erklärte, von einer Änderung des Ostertermins sehe man ab. Er wünscht sich darüber eine Einigung zwischen dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und Papst Franziskus. Als möglicher Anlass dafür gilt das Jahr 2025. Dann feiern alle Christen die Auferstehung Jesu sowieso ausnahmsweise gleichzeitig. Zudem jährt sich dann zum 1.700. Mal das Gedenken an das Erste Ökumenische Konzil in Nicäa von 325.
Schewtschuk ist optimitisch
Schewtschuk zeigte sich zuversichtlich, dass die Verschiebung von Weihnachten und anderen unbeweglichen Feiertagen zu keinem Streit führt. Mehr als 90 Prozent der griechisch-katholischen Gläubigen unterstütze laut Erhebungen den Übergang zum neuen Kalender, sagte er am Montagabend in einem TV-Interview. "Der Wunsch und Bedarf nach einer Kalenderreform ist viel größer, als wir gehofft hatten. Das kann uns nur glücklich machen", so das Kirchenoberhaupt.
Als die orthodoxen Kirchen Griechenlands und Rumäniens 1924 den Neujulianischen Kalender übernahmen, wandten sich manche Priester und Gläubige aus Protest von ihnen ab. Der Moskauer Patriarch Tichon machte Ende 1923 die Einführung des neuen Kalenders sogar nach nur 24 Tagen rückgängig, um wieder Frieden in seiner Kirche herzustellen. Da scheint es klug, dass griechisch-katholische Pfarreien mit dem individuellen Segen ihres jeweiligen Bischofs bis 2025 weiter den alten Kalender befolgen dürfen, wenn sie die Reform ablehnen.
Nicht gelungen in der Kalenderfrage ist bislang allerdings eine Zusammenarbeit zwischen der griechisch-katholischen und der eigenständigen (autokephalen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) - obwohl beide eigentlich extra hierfür eine Arbeitsgruppe bilden wollten. Wann sie erstmals zusammenkommt, ist offen. Ein wichtiger Metropolit der OKU erklärte aber bereits, alle Argumente sprächen für den Neujulianischen Kalender. Er erwarte, dass die Bischöfe dem Ende Mai zustimmen. Bis zu Beginn des neuen Kirchenjahrs am 1. September sei noch genug Zeit.