Die Gebete in der Methodisten-Kirche von North Bethesda verhallten unerhört. Oder jedenfalls erhielten sie nicht die erhoffte Antwort. Als vor etwas mehr als einer Woche die Nachricht vom Beschluss der Generalkonferenz in St. Louis über den Umgang mit Homosexualität im Amt durchsickerte, reagierte die liberale Gemeinde geschockt.
Denn es ist noch gar nicht so lange her, dass sich die Methodisten in dem wohlhabenden Vorort von Washington nach langer Diskussion zu einer LGBT-freundlichen Gemeinde erklärt hatten. Und jetzt das:
Die Befürworter einer traditionellen Auslegung des Umgangs mit dem Thema Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehe, wie sie im "Book of Disziplin" der zweitgrößten protestantischen Kirche der USA festgehalten ist, setzten sich bei der Konferenz im Bundesstaat Missouri mit 53 zu 47 Prozent durch.
Liberale Kirchenmitglieder fühlen sich überrollt
In der beschlossenen Resolution heißt es: "Die Ausübung von Homosexualität steht nicht in Übereinstimmung mit der christlichen Lehre". Gleichzeitig bestätigte die Kirchenführung das Nein zur Homo-Ehe in der weltweit zwölf Millionen Mitglieder zählenden Kirche sowie strikte Auflagen für Kleriker.
"Ich fühle mich, als wäre jemand gestorben", sagt Jordan Harris, der als schwuler Pastor einer Methodisten-Gemeinde in Sommerville im Us-Bundesstaat Massachusetts vorsteht. Er habe gehofft und gebetet, dass die Generalkonferenz anders entschieden hätte.
Er selber hatte die Idee unterstützt, im methodistischen Kirchenrecht einfach die Vorschriften über Homosexualität zu streichen. Die dritte Variante sah vor, den Ortskirchen die Entscheidung zu überlassen. "Der Ausgang ist schwierig zu akzeptieren", sagte Harris dem Fernsehsender CNN. Wie viele andere liberale Kirchenmitglieder fühlt er sich überrollt.
Keith Mcilwain, ein traditionalistischer Pastor aus Slippery Rock im Bundesstaat Pennsylvania, begrüßt die Entscheidung, versteht aber die Enttäuschung. "Deshalb kann ich nicht richtig feiern", sagt er über den Ausgang der Abstimmung, die nun die Einheit der Methodisten selbst bedroht. Von Spaltung ist die Rede.
Es wäre ein schwerer Schlag für die protestantische Volkskirche, deren Mitglieder ein breites ideologisches Spektrum abdecken. Dieses reicht von Hillary Clinton bis Vizepräsident Mike Pence.
Kirchen-Schisma droht
Vieles hängt nun von dem Treffen der obersten kirchenrechtlichen Instanz, dem "UMC Judical Council" ab. Dieses Gremium muss sich bei seinem Treffen im nächsten Monat in Illinois mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung befassen. Sollte das "Verfassungsgericht" der Methodisten die Entscheidung bestätigen, droht der Kirche ein Schisma.
Harris will trotz seiner Enttäuschung bleiben. "Ich setze auf Widerstand im Glauben.» Andere wie Pastor Mike Slaughter, der einer der Wortführer der reformorientierten Kräfte innerhalb der Kirche ist, spekuliert bereits über die nächsten Schritte. «Es ist Zeit für eine andere Bewegung."
Eine Spaltung wäre nicht das erste Schisma innerhalb christlicher Kirchen in den USA über den Umgang mit Sexualität. Die Episkopalkirche hat sich ebenso gespalten wie die Presbyterianer. Absetzbewegungen gibt es auch bei evangelikalen Kirchen, deren junge Mitglieder nicht mit der bisherigen Lehre übereinstimmen.
Eine Mehrheit der Methodisten versteht sich politisch als konservativ, hat aber bei den Themen Abtreibung und Umwelt wesentlich liberalere Ansichten als andere protestantische Kirchen. Beim Thema Umgang mit "LGBT"-Geistlichen gehen die Meinungen fast hälftig auseinander.
In North-Bethesda reagierte die über das Ergebnis der Abstimmung geschockte Gemeinde mit dem spontanen Beschluss, die Beschriftung auf der Werbetafel an der Hauptstraße zu verändern. Dort steht nun in fetten Lettern "Alle sind hier willkommen."